Buchrezensionen

Hier veröffentlichen wir regelmäßig Buchrezensionen von unseren Mitgliedern.

Joseph Huber: Zeitenwende des Geldsystems (2022)

Von Ulrich Busch: Das Geld ist eine Schlüsselkategorie der Ökonomie und die Geldtheorie mithin ein For-schungsgebiet der Wirtschaftswissenschaften. Diese aber verfolgen seit Ablösung des Merkantilismus, also spätestens seit Adam Smith, eine Doktrin, wonach alle wesentlichen Bezie-hungen und Abläufe in der Wirtschaft realen Charakters sind, und das Geld mithin „neutral“, also eigentlich unwichtig ist, nur ein „Schleier“, der über den realen Prozessen liegt. Am deut-lichsten ausgesprochen hat dies 1848 John Stuart Mill, indem er behauptete, dass es in Wirtschaft und Gesellschaft „nichts Bedeutungsloseres“ gebe „als Geld“. Auch wenn diese Auf-fassung mehr als einmal widerlegt worden ist, so wurde sie vom Mainstream doch aufrecht-erhalten und bildet sie bis heute eine grundlegende Annahme der neoklassischen Ökonomik und ökonometrischer Modelle...

Eske Bockelmann: Das Geld (2020) II

Von Ulrich Busch: Das Geld ist eine Schlüsselkategorie der Ökonomie und die Geldtheorie mithin ein For-schungsgebiet der Wirtschaftswissenschaften. Diese aber verfolgen seit Ablösung des Merkantilismus, also spätestens seit Adam Smith, eine Doktrin, wonach alle wesentlichen Bezie-hungen und Abläufe in der Wirtschaft realen Charakters sind, und das Geld mithin „neutral“, also eigentlich unwichtig ist, nur ein „Schleier“, der über den realen Prozessen liegt. Am deut-lichsten ausgesprochen hat dies 1848 John Stuart Mill, indem er behauptete, dass es in Wirtschaft und Gesellschaft „nichts Bedeutungsloseres“ gebe „als Geld“. Auch wenn diese Auf-fassung mehr als einmal widerlegt worden ist, so wurde sie vom Mainstream doch aufrecht-erhalten und bildet sie bis heute eine grundlegende Annahme der neoklassischen Ökonomik und ökonometrischer Modelle...

Aaron Sahr: Die monetäre Maschine. Eine Kritik der finanziellen Vernunft (2022)

Von Franz Schneider: Das Buch ist 447 Seiten dick. Das Ziel wäre sicher mit einigen Seiten weniger erreichbar gewesen. Das nur als Tipp für die zukünftige Lesefreundlichkeit von Büchern des Autors. Die argumentative Gesamtanlage lässt sich als argumentativer Dreischritt beschreiben. In dem ersten (1. – 3. Kapitel) wird die Waren- oder Tauschtheorie des Geldes „entsorgt“. Geld ist keine Stellvertreter-Ware. Im zweiten (4. – 7. Kapitel) wird ein optimistisches Instrument – die „monetäre Maschine“ – entworfen und darüber reflektiert. Es soll dazu dienen, die behäbige Warentheorie „umzubiegen“ in eine Geldtheorie, die die Zukunft und die Spekulation als Chance begreift. Das Buch greift damit die aktuellen „zeitsoziologischen Fäden“ auf (siehe Hajo Jost, Spekulieren auf Zukunft). Im dritten Schritt (8. – 10. Kapitel) erfolgt eine „vorsichtige Rolle rückwärts“. Die optimistische Geldtheorie – die noch einer Bezeichnung bedarf – wird konditioniert.

Aaron Sahr: Keystroke-Kapitalismus: Ungleichheit auf Knopfdruck (2017)

Von Stefan Freichel: Um es gleich vorab zu sagen, mit diesem im Bibel-Taschenbuchformat publizierten 176 Seiten hat Dr. Aaron Sahr einen großen Beitrag zur Klärung der soziologischen Frage nach dem Wesenskern unserer heutigen Epoche geleistet. Was eigentlich ist im heutigen Zeitalter des globalisierten, finanzgetriebenen Kapitalismus anders als früher? Wieso kehren sich ursprüngliche Trends der gesellschaftlichen Entwicklung seit den 70er Jahren um? Wieso wird die Entwicklung zunehmend aus der „Triade aus wachsendem privaten Wohlstand, anschwellenden Schuldenbergen, und zunehmender gesellschaftlicher Ungleichheit“ bestimmt? Aaron Sahr ist es gelungen, die Strukturen zu identifizieren, die einige wenige bevorzugen und so viele benachteiligen.

Joscha Wullweber: Zentralkapitalismus. Transformationen des globalen Finanzsystems in Krisenzeiten (2021)

Von Franz Schneider: Die Finanzkrise 2007-2009 ist für Wullweber der entscheidende Wendepunkt auf dem Finanzmarkt für das Verhältnis von Zentralbanken – delegiert durch souveräne Regierungen – und Akteuren des privaten Großkapitals. Seit den 80er Jahren – also nach der endgültigen Aufgabe des Bretton-Woods-Systems 1973 – erfolgte ein ständiger Ausbau des Schattenbankensystems. Er geschah, ohne dass die Zentralbanken sich aktiv einmischten. Sie handhabten die üblichen Instrumente der Leitzinspolitik und des Basel-Regelwerks. Die Wirkungslosigkeit beider Instrumente wird an zwei Tatsachen überdeutlich. Das Steuerungsinstrument Zinsen verlor nach und nach seine Wirksamkeit. Ihr bis heute anhaltender Sinkflug konnte daran nichts ändern. Nach der Lektüre des Buches drängt sich ein Verdacht auf. Auch nach der Finanzkrise wurde an dieser wirkungslosen Geldpolitik gegenüber der gutgläubigen Öffentlichkeit festgehalten, während im Hintergrund Veränderungen stattfanden, die die Öffentlichkeit nicht wahrnehmen sollte. Auf diese Veränderungen richtet Wullweber seine Scheinwerfer.

Klaus Karwat: Schuldenfreies Geld – Warum der Kapitalismus eine Systemreform braucht (2021) II

Von Franz Schneider: Klaus Karwat, seit 2012 Vorsitzender des Vereins Monetative (Sitz Berlin), Politik- und Verwaltungswissenschaftler, hat ein Buch geschrieben, das an den Grundfesten unseres Geldsystems rührt. Die Lösung der riesigen ökologischen und sozialen Probleme, die sich weltweit auftürmen, bedarf in der Tat fundamentaler Änderungen dieses Systems. Angesichts einer unaufhaltsam voranschreitenden Bereicherung von einigen Wenigen und einer ebenso unaufhaltsamen Verschlechterung der Lebensverhältnisse immer größerer Teile der Gesellschaften müssen die Hebel umgelegt werden.

Klaus Karwat: Schuldenfreies Geld – Warum der Kapitalismus eine Systemreform braucht (2021) I

Von Timm Gudehus: Klaus Karwat, Mitbegründer und Vorsitzender des Monetative e.V., beschreibt in seinem Buch die Struktur und Funktionsweise des heutigen Geldsystems, das auf dem Giralgeld der privaten Geschäftsbanken und den Banknoten und dem Buchgeld der Zentralbanken beruht. Alle diese Zahlungsmittel werden heute durch Kredit erzeugt. Er stellt die Schwächen, Widersprüche, Rechtsunsicherheit und Unklarheiten des bestehenden Geldsystems dar und macht die daraus resultierenden Probleme deutlich: Ausfallgefahr des Giralgeldes, Krisenanfälligkeit der Zahlungssysteme, zunehmende Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen, unzureichende Kontrolle machtvoller Zentralbanken sowie die wechselseitige Abhängigkeit von Staat und Banken.

Ulrich Busch: Geldkritik – Theorie, Motive, Irrtümer. (2020)

Von Raimund Dietz: Geld ist etwas sehr Praktisches. Jedes Kind weiß, wozu es da ist. Bei den Erwachsenen kann man nicht so sicher sein. Sie verwenden alltäglich Geld, aber wenn sie beginnen, über Geld zu reden, könnte man glauben, man lebe in Babylon. Die Verwirrung ist unendlich. Zur allgemeinen Verwirrung gesellt sich eine eigenartige Distanz zu Geld, die in keinem Verhältnis zu dessen praktischer Bedeutung für den wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Alltag ist. Busch greift dieses Distanzhafte auf und betitelt seine Arbeit als „Geldkritik“.

Wolfgang Streeck:„Politische Ökonomie im ausgehenden Neoliberalismus. Zwischen Globalismus und Demokratie“. (2021)

Von Franz Schneider: Angesichts der riesigen zukünftigen Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht, müssen wir uns alle intensiv Gedanken über menschenwürdige Bedingungen unseres zukünftigen Zusammenlebens machen. Sie sind notwendig, weil es um nichts Geringeres als das Fortbestehen einer würdevollen Weiterexistenz der menschlichen Spezies geht. Der Rezensent ist überzeugt davon, dass sich Streeck diesen Herausforderungen stellt.

Der Autor, deutscher Soziologe und langjähriger Direktor emeritus am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln, spricht von einer Pattsituation, in der sich sowohl die neoliberale kapitalistische Wirtschaft als auch das regulative politische System befinden. Als diskutierbare Auswege sieht er einen „nach oben“ und einen „nach unten“. Er selbst präferiert den zweiten.

Gerhard Schick:„Die Bank gewinnt immer. Wie der Finanzmarkt die Gesellschaft vergiftet“ (2020)

Von Franz Schneider:

Gerhard Schick schreibt dieses Buch aus der Perspektive des ehemaligen Bundestagsabgeordneten und kundigen Finanzexperten mit 13 Jahren parlamentarischer Erfahrung. Er schreibt es als engagierter Vorsitzenden der Bürgerbewegung „Finanzwende“. Sachkunde und Engagement für die „gute“ demokratische Sache kennzeichnen den gesamten Text. Der Autor hat sich der Aufgabe verschrieben, die mit unvorstellbarer krimineller Energie arbeitenden Finanzmärkte wieder in die Schranken zu weisen. Und er weiß, dass er sich mit den Mächtigsten anlegt: den Banken, Fonds, Versicherungen, großen Unternehmen. Der Staat hat erst gar nicht diesen Mumm.

Joseph Vogl: Kapital und Ressentiment (2021) II

Von Franz Schneider:

Wer begreifen möchte, welche Macht sich durch die „Verkettung“ von Finanzkapital und Internet-Plattformen zusammengeballt hat und wie Regierungen und Zentralbanken dabei zusehen, kommt um dieses Buch nicht herum. Die Menschheit in ihrer Rolle als Nutzer der Netzwerke ist ihr ausgeliefert. Hinter ihrem eigenen Rücken wird sie zur Erzeugung des „Verhaltensmehrwerts“ für die Reichen und die Mächtigen ausgebeutet. Aus Vereinfachungsgründen verzichtet der Rezensent bewusst an einigen interessanten Stellen, die etwas ausführlicherer Erklärungen bedürften, auf eine Vertiefung. Das betrifft beispielsweise den „smart contract“, die „Internetprotokolle“, die „abstrakte Maschine“, die „Gouvernementalität“ etc. ...

Joseph Vogl: Kapital und Ressentiment (2021) I

Von Klaus Karwart:
„Eine kurze Theorie der Gegenwart“ – so lautet der Untertitel dieses Buches. Es ist also ein Versuch, einige neue Phänomene zu erklären, die in unserer zunehmend digitalisierten Gesellschaft auftreten. Es behandelt die Gegenwart vor allem aus Sicht der Finanz- und der Digitalwirtschaft, die eng miteinander verwoben sind. So schreibt Vogl auf S.48, dass 80% aller IT-Produkte seit den 1980 Jahren vom Finanzsektor erworben wurden. Das ist für ihn ein Indiz für die Wahlverwandtschaft zwischen elektronischen Kommunikationsmedien und Finanzmärkten. Er sieht derzeit eine „eskalierende Privatisierung“ der Geldschöpfung (S.32), die es rechtfertigt, von einem Finanzregime als 4. Gewalt zu sprechen, die sich außerhalb parlamentarischer Kontrolle bewegt. Er verwendet dafür auch den Begriff „Monetative“, der für unserenVerein Monetative e.V. namensgebend war, der ursprünglich aber nicht wie in einer Fußnote behauptet vom Hamburger Soziologen Aron Sahr stammt, sondern von Bernd ...

Max Otte: Die Krise hält sich nicht an Regeln (2021)

Eine offene und kritische Rezension von Klaus Karwat zu “Die Krise hält sich nicht an Regeln” von Max Otte. In diesem Zusammenhang sei auch auf die lesenswerte, neue Rezension von Norbert Häring zu Max Otte verwiesen. Max Otte war einmal ein gefragter Gesprächspartner der Medien, da er manche wirtschaftliche Krisen treffend vorhergesagt hat. Heute wird er von den Medien eher gemieden, weil er im Verdacht steht, zu „rechtslastig“ zu sein. Trotzdem hat mich sein neues Buch „Die Krise hält sich nicht an Regeln“ interessiert. Es ist in 99 Fragen gegliedert, die neben anderen die Themen Corona-Crash, Regulierung der Kapitalmärkte, Aufstieg Chinas und Bedrohung der Führungsrolle der USA, Abstieg der Mittelschicht und Gespenst des Populismus und Anlagestrategien in Zeiten von Corona behandeln.....

Alexander Hagelüken: Das Ende des Geldes, wie wir es kennen. Der Angriff auf Zinsen, Bargeld und Staatswährungen. (2020)

Kein leichtes Unterfangen, einen „roten Faden“ und ein sicheres, argumentatives Fundament in Hagelükens Buch zu finden. Zwei Umstände verunsichern mich: Die Vorstellungen des Autors gründen fest auf der „Legende“ der intermediären Funktion von Banken und Sparkassen. Danach sammeln diese das Geld bei den Sparern und verleihen es gewinnbringend. Weitere Zitate dazu finden sich auf S.76, S.87, oder am deutlichsten auf S.109: „Nullzinsen erodieren zudem den Kern des Bankgeschäfts: Geld einsammeln, um es mit Gewinn weiterzuverleihen.“ Das ist schlichtweg falsch! Folglich wird die private Geldschöpfung von Geschäftsbanken auch an keiner Stelle problematisiert. Sie wird lediglich einmal im Zusammenhang mit dem Vollgeldkonzept erwähnt....

Ulrich Bindseil: Central Banking Before 1800 (2020)

Central Banking before 1800 – A Rehabilitation – schon der Titel weist auf eine der zentralen Aussagen des Buches hin: Schon vor 1800 gab es Banken, die die Bezeichnung Zentralbank verdient haben. Zentralbanken im heutigen Sinne gab es nicht erst seit dem späten 19. und 20. Jahrhundert, wie manchmal behauptet wird. Zum Beginn definiert Bindseil drei Kern-Merkmale von Zentralbanken: Erstens emittieren sie Geld von jeweils höchster Liquidität und Kreditqualität, zweitens basieren sie immer auf einer Art öffentlicher Gesetzgebung, durch die sie eine juristische Sonderstellung bekommen, und drittens erfolgte ihre Gründung immer mit einem bestimmten öffentlichen Auftrag: Zum Beispiel die Verfügbarkeit von Krediten ohne Wucherzinsen, die Finanzierung öffentlicher Haushalte oder die Stabilisierung des Finanzsystems.....

Eske Bockelmann: Das Geld (2020) I

Von Petra Leonhardt:
Der Klappentext verspricht die Revolutionierung unseres Blicks auf die Welt. Große Worte. Aber zumindest bei mir hat es funktioniert. Und dabei ist es weniger die zwingende Logik mit der der Autor erläutert wie Geld heute, und schon immer seit seiner Entstehung, funktioniert, weil es so funktionieren muss. Sondern es ist sein Blick zurück, in eine Zeit als es sehr wohl Münzen gab, aber eben kein Geld. Kein Geld aus unserer Vorstellungswelt. Kein Geld, das alles beherrscht und beherrschen muss. Es ist dieser Blick, der eine Art des Zusammenlebens beschreibt, die heute sehr viele als neu und erstrebenswert ansehen. Ein Zusammenleben das Verteilung und Teilhabe nicht nach einer irgendwie gearteten Wertigkeit von Waren, dem zu seiner Erzeugung notwendigen Aufwand, dem Preis....

Thomas Hartmann-Wendels, Andreas Pfingsten, Martin Weber: Bankbetriebslehre (2019)

Das Buch Bankbetriebslehre der Autoren Thomas Hartmann-Wendels, Andreas Pfingsten und Martin Weber ist das führende Fachbuch zur Bankbetriebslehre in Deutschland. Auch in der 7. Auflage sind immer noch grundsätzlich falsche Darstellungen der Aktivitäten von Banken enthalten. Ein Gastbeitrag von Eberhard Gamm. Leider muss ich meine Kritik an der 6.Auflage von 2016 in vollem Umfang aufrecht erhalten. Banken werden auch in der vorliegenden 7.Auflage als Intermediäre beschrieben, was sie nicht sind. Die Autoren schreiben in den Grundlagen....

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