Der Digitale Euro

Richtungsweisend für die monetäre Zukunft Europas

Als eine der wegweisendsten Initiativen in der Finanz- und Geldpolitik wird der Digitale Euro nicht nur die Art und Weise verändern, wie wir bezahlen, sondern auch grundlegende Fragen zur monetären Architektur in der Zukunft und zur Rolle des Euros als Gemeinschaftswährung beantworten müssen.

Zu viele offene Fragen

Der Digitale Euro – manchmal auch E-Euro, digitales Zentralbankgeld oder kurz CBDC genannt – ist dabei ein bis heute alles andere als klar definiertes Konstrukt. Dass er kommen wird, scheint inzwischen eine allgemein akzeptierte Tatsache. Doch in welcher Form, Ausgestaltung und zu welchem Zweck ist noch immer unklar.

3 Fragen - 3 Antworten

Mit der Beantwortung folgender drei Fragen soll den wichtigsten Aspekten zur Einführung und Ausgestaltung des digitalen Euros Rechnung getragen werden:

1) Wie bewerten Sie grundsätzlich die Idee eines digitalen Euros?

2) Wie stehen Sie zu den aktuellen Entwürfen und Vorschlägen für den digitalen Euro?

3) Welche Merkmale sollten bei der Ausgestaltung (des digitalen Euros) Ihrer Meinung nach berücksichtigt werden?

Stimmen zum Digitalen Euro

Ausgewählte und vor allem kompetente Experten auf einen Blick zum Digitalen Euro.

 

 

 

Prof. Joseph Huber

Emeritus für Wirtschaftssoziologie & Gründer Vollgeld

Akkordeon Inhalt

Der digitale Euro ist eigentlich eine gute Sache. Er begegnet dem starken Rückgang des hergebrachten Bargelds mit einer modernen digitalen Form von Bargeld, einem Zentral­bank­geld zum Gebrauch aller, einem Vollgeld von sicherem Bestand, einfach zu handhaben, und unter Gewähr­leistung der finanziellen Privatsphäre. Soweit der digitale Euro sich verbreitet, erhöht er außerdem die Wirksamkeit der Geld­politik und bringt der Zentralbank zuguns­ten der Staatskasse einen höheren Geld­schöpf­ungs­gewinn, etwas, das bisher vor allem den Banken zugutekommt durch deren private Schaffung von Giralgeld­. Dieses besitzt im allge­meinen Zahlungsverkehr, bei nur noch 2–10% Bargeld, schon fast eine Alleinstellung.     

Der eigentlich große Schritt der Einführung eines digitalen Euro wird durch die jetzige Planung der EZB und EU-Kommission leider nur in kleinster Weise getan.
Es ist vorgesehen, den Besitz von digitalen Euro stark zu beschränken (im Gespräch sind maximal 3.000 Euro) ebenso Zahl­ungen mit digitalen Euro (maximal in Höhe von 1.000 Euro). Wenn jemandem mehr als insg. 3.000 digitale Euro zufließen, ist vorgesehen, den ‘Über­schuss’ automatisch in ein Bank-Girogut­haben zwangsumzuwandeln.
Im Unterschied zu Bank-Giroguthaben wird auf digitale Eurogut­haben kein Habenzins gezahlt (während die Banken auf ihre Reserven-Guthaben bei der EZB sehr wohl einen Habenzins erhalten).  

Kommt der digitale Euro in derart beschränkter Weise, bleibt er ein Ladenhüter. Denn ein allge­meines Zahlungsmittel beruht darauf, dass Privatnutzer und Geschäftsnutzer es in großer Zahl verwenden (Netzwerk-Effekt), und dies außerdem auch in großen Summen, nicht bloß als Kleingeld.

Wenn außerdem die Banken einen Habenzins auf Kontoguthaben zahlen, während der digi­tale Euro unverzinst bleibt, werden die meisten Stellen, die digitale Euro überhaupt anneh­men, diese von sich aus sogleich in Bankguthaben umwandeln. Das ist der Hauptgrund dafür, dass die Verbreitung des digitalen Yuan in China seit seiner Einführung 2022 stag­niert. Für die Banken bleibt damit im wesentlichen alles beim alten.

Erforderlich: Unbeschränktheit und Verzinsung des digitalen Euro

Für ein Gelingen des digitalen Euro stellen sich vor allem die zwei Erfordernisse.

Erstens soll man die Nutzung des digitalen Euro – der doch ein unbeschränktes gesetzliches Zahlungs­mittel sein soll – nicht willkürlich beschränken. Stattdessen soll man die Nutzung des digitalen Euro der Nachfrage des Publikums und der Akzeptanz des Marktes über­lassen.

Zweitens, wenn die Banken einen Habenzins auf Giroguthaben zahlen, soll die EZB auf digitale Euroguthaben einen gleichen Habenzins zahlen können. Das ist sicherlich nicht im Sinn der reinen Lehre. Denn verzinst wird ein Kredit, nicht das Zahlungsmittel. Bargeld ist noch nie verzinst worden. Bank-Girogut­haben werden ggf verzinst, weil sie einen impliziten Bargeldkredit der Kunden an ihre Bank darstellen. Spar- und Terminguthaben werden ver­zinst, weil sie einem teuren Reserven­ab­fluss vorbeugen oder auch einen billigen Reserven­zufluss bringen. Warum aber die EZB den Banken einen Habenzins auf Reserven­guthaben zahlt, ist unerfindlich, denn Reserven­gut­haben kommen aus einem Kredit der Zentralbank an die Banken, nicht umgekehrt. Die Gefälligkeit eines unechten Habenzinses auf Reserven­gut­haben rechtfertigt sich nicht bankkaufmännisch, sondern stellt eine Bankensubvention dar. Wenn man sich aber genötigt sieht, den Banken diese enorme Gefälligkeit zu erweisen, dann kann und soll man das aus prag­ma­tischen Gründen auch bzgl. der Verzinsung von digitalen Euro tun, um deren Verbreitung gegenüber dem Quasi-Monopol des Zentralbank-gepäp­pel­ten Bankengeldes zu ermöglichen. 

Prof. Thomas Mayer

Flossbach von Storch
Research Institute

Akkordeon Inhalt

Die Einführung eines digitalen Euro als 100 %-Geld könnte die Wahrnehmung des Euro als harte Währung verbessern, die Staatsverschuldung verringern und die Rolle der EZB stärken. Der erste Schritt in diese Richtung wäre die Schaffung einer Euro-Bankeinlage, die vollständig durch Zentralbankgeld gedeckt und durch Staatsanleihen besichert ist, ohne die Geldmenge zu erhöhen.

Der Übergang zu einem 100%igen Geldsystem erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst würde die Zentralbank Staatsanleihen und möglicherweise andere Anleihen (soweit sie die nötige Menge noch nicht hat) von den Banken gegen Reserveguthaben aufkaufen und so eine von der Zentralbank festgelegte Geldmenge schaffen. Wenn das Volumen der sicheren Einlagen erreicht ist, würde die Zentralbank das Volumen der sicheren Einlagen einfrieren und es dem Markt überlassen, den Wechselkurs zwischen Bankeinlagen und sicheren Einlagen zu bestimmen. In diesem System würden die Banken tatsächlich zwischen Sparern und Anlegern vermitteln, wobei das digitale Geld von den Konten der Sparer zu den Konten der Schuldner fließen würde, ohne (wie im Kreditgeldsystem) die Geldmenge zu verändern. Sichere Euro-Einlagen können auf der Bilanz der EZB konsolidiert und – möglicherweise unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie – transferierbar gemacht werden. Der Euro würde zu einem Krypto-Asset-Token, der ausschließlich durch Staatsanleihen gedeckt ist.

Die Europäische Zentralbank erwägt die Einführung eines digitalen Euros als Ergänzung zum Papier- und Bankengeld im bestehenden Fiat-Kreditgeldsystem. Der aktuelle Vorschlag begrenzt die Größe der digitalen Geldbörsen, um zu verhindern, dass der digitale Euro die Bankeinlagen in den Schatten stellt. Sinnvoller wäre jedoch ein 100% digitaler Euro, der eine sicherere Alternative sowohl zu Banknoten als auch zu Sichteinlagen der Banken darstellen könnte. Das würde die Wahlmöglichkeiten der Nutzer erhöhen und das Risiko eines Bank-Runs verringern. Es würde auch die Währungsunion vollenden, denn derzeit ist sie nur eine Bargeldunion mit unterschiedlicher Kreditqualität der Bankeinlagen in den Mitgliedsländern. Ein 100% digitaler Euro könnte die Kreditqualität des elektronischen Geldes vereinheitlichen und eine gemeinsame staatliche Einlagensicherung (EDIS) überflüssig machen. Doch er wird wohl nicht kommen.

Regierungen und Banken sind im Allgemeinen gegen Währungen, die sie nicht kontrollieren können, weil sie dadurch finanzielle Vorteile und Macht verlieren könnten. Andere Kritiker argumentieren, dass die Einführung einer öffentlichen Digitalwährung zur Abschaffung des Papiergeldes, zu verstärkter staatlicher Überwachung und zur Auferlegung heimlicher Steuern durch negative Zinssätze führen könnte. Diese Kritiker übersehen jedoch die potenziellen Vorteile der Kombination von Papier- und Digitalwährungen, die einen Schutz gegen staatliche Eingriffe bieten können.

Die am Markt ausstehende Staatsverschuldung würde sich um die als Deckungsstock für den digitalen Euro auf der Bilanz der EZB festliegenden Anleihen verringern (im gesamten Euroraum von rund 87 Prozent auf schätzungsweise 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts). Die Fiskalpolitik könnte auch weiterhin zur wirtschaftlichen Stabilisierung eingesetzt werden, aber die Regierungen müssten die langfristige Tragfähigkeit der Schulden sicherstellen. Die Zentralbank würde nicht als Kreditgeber der letzten Instanz für die Regierungen fungieren, da Zahlungsausfälle von Regierungen im Vergleich zum bestehenden System besser zu bewältigen wären. Die Seigniorage, der Gewinn aus der Geldschöpfung, würde aus dem Anstieg der Geldmenge abgeleitet und den Nutzern als Gelddividende ausgezahlt. Der Wettbewerb zwischen der öffentlichen Digitalwährung und privaten Emittenten soll sicherstellen, dass die Gewinne aus der Geldschöpfung begrenzt bleiben.

In dem neuen System würden die Geschäftsbanken als Intermediäre fungieren und die Spareinlagen der Kunden in Form von digitalen Euros an Investoren vermitteln. Die Zinssätze würden sich nach der Nachfrage nach Krediten und dem Angebot an Spargeldern auf dem Kreditmarkt bilden. Die Banken würden Investmentfonds ähneln, deren Vermögenswerte durch ein Eigenkapitalpolster gegen Erstverluste geschützt sind, so dass die Sparer die Banken nach ihren Präferenzen für Rendite und Erstverlustschutz auswählen könnten.

Prof. Peter Ulrich

Emeritus für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen

Akkordeon Inhalt

Als langjähriger Kunde der Credit Suisse habe ich deren Krise und am Ende, im März 2023, ihre staatlich orchestrierte Übernahme durch die UBS hautnah miterlebt. Die Vorgänge seit dem Herbst 2022 haben deutlich gemacht, dass ein bank run wie in diesem Fall heutzutage auf der Basis des Online-Banking sogar wesentlich schneller und massiver geschehen kann als früher. Bekanntlich sind bank runs primär Ausdruck des Vertrauensverlusts in die Zahlungsfähigkeit (Liquidität) der Bank, die über Kundenguthaben an Giralgeld verfügt oder eben real u. U. nicht mehr darüber verfügt. Je höher der Anteil der Mittel ist, den die Bankkunden in digitalem Zentralbankgeld halten, umso geringer wird die Gefahr des bank run. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil es die Risikofreude der Banken diszipliniert.

Dass die EZB den Schritt zum digitalen Euro geht, ist demnach grundsätzlich zu begrüssen. Es ist auch verständlich, dass in einer Erprobungsphase der direkte Zugang des Publikums vorerst beschränkt bleibt; mittelfristig sollten jedoch alle Einschränkungen entfallen. Die Balance zwischen Zentralbankgeld und Bankengiralgeld im Publikumskreislauf ist anders zu erzielen — s. Punkt 3.

 

Entscheidend aus Kundensicht ist die Qualität des digitalen Euro als sicheres Vollgeld oder quasi digitales Bargeld (Zentralbankgeld). Logischerweise werden die Guthaben der Kunden auf entsprechenden Konten NICHT verzinst, denn die kontoführende Bank kann ja in keiner Weise über die digitalen Euros ihrer Kunden verfügen. Soweit sie das für ihr Kredit- oder Investmentgeschäft dennoch können möchte, soll sie ihren Kunden hinreichend attraktive Konditionen (insb. Zinsen) auf konventionellen Darlehens-, Anlage- oder Sparkonten bieten. Wie üblich kann und darf die kundenseitige Rückzugsmöglichkeit auf diesen verzinsten Konten beispielsweise mit Kündigungsfristen beschränkt werden, so dass es nicht möglich sein wird, im Fall eines drohenden bank run sich opportunistisch zu verhalten und im letzten Moment massiv Guthaben von verzinsten Anlagekonten auf zinslose Transaktionskonten mit Zentralbankgeld zu transferieren. Wenn diese Form der Konversionsbeschränkung spielt und eine Balance zwischen beiden Kontotypen besteht, wird eine direkte Beschränkung der zulässigen Kundenguthaben an digitalen Euros gegenstandslos. Unterstützt werden kann diese Balance nötigenfalls, indem die EZB von den Geschäftsbanken die gebührenfreie Führung der entsprechenden Konten verlangt und die kontenführenden Baanken dafür entschädigt, statt sachfremde Zinsen auf digitales Bargeld gutzuschreiben. Die Wahl zwischen zinsloser Sicherheit (digitaler Euro) einerseits und risikobehaftetem Zinsertrag (Guthaben an Bankengiralgeld) andererseits soll nach einer kurzen Erprobungsphase bei den Kunden liegen, nicht bei der Zentralbank oder bei den kontoführenden Geschäftsbanken.

Prof. Sergio Rossi

Universität Freiburg (CH),
Makro- & Monetäre Ökonomie

Akkordeon Inhalt

Ein digitaler Euro hat zahlreiche Vorteile für das ganze Wirtschaftssystem, insbesondere für die Finanzstabilität, das Wirtschaftswachstum und die öffentlichen Finanzen. Die Möglichkeit, dass jeder Bürger den digitalen Euro nutzen kann, wird die Banken dazu veranlassen, sich stärker an den Bedürfnissen der Realwirtschaft zu orientieren und ihre reinen Finanzaktivitäten zu reduzieren, um zu verhindern, dass ein erheblicher Teil der Einleger ihre Ersparnisse aufgrund der finanziellen Anfälligkeit von Banken, die auf den Finanzmärkten zu stark exponiert sind, in digitale Euro umwandelt. Die geldpolitischen Entscheidungen werden wirksamer sein, da ein zunehmender Teil der Ersparnisse in Form von digitalen Euros gehalten wird, auf die sich die von der EZB beschlossenen Zinssätze direkt und schneller als bisher auswirken werden können. Das Wirtschaftswachstum wird daher solider und dauerhafter sein und zum Abbau der öffentlichen Defizite beitragen, was allen Beteiligten im Wirtschaftssystem insgesamt zugute kommt.“

Der derzeitige Stand des Projekts eines digitalen Euro wird durch die kurzfristigen Interessen der großen Banken im Euroraum gebremst, die befürchten, einen Teil ihrer auf den Finanzmärkten erzielten Gewinne oder einen großen Teil ihrer Einleger zu verlieren, sollte der digitale Euro Realität werden. Der Übergang zum digitalen Euro muss beschleunigt werden, um die finanzielle Instabilität zu verringern und die Aktivitäten in der Realwirtschaft wiederzubeleben und so neue Bankenkrisen zu vermeiden, die auf eine übermäßige Kreditvergabe der auf Finanzspekulationen ausgerichteten Banken zurückzuführen sind. Die Architektur des digitalen Euro muss es jedem Bürger ermöglichen, ein Konto bei seiner nationalen Zentralbank zu haben, um alle Arten von Transaktionen über den digitalen Euro anstelle von Konten bei Banken abzuwickeln, damit letztere zum Wirtschaftswachstum und nicht zur finanziellen Instabilität beitragen.

Der digitale Euro muss rund um die Uhr für alle Bürgerinnen und Bürger zugänglich sein, unabhängig davon, ob sie ein Bankkonto oder eine Bezahl-App auf ihrem Mobiltelefon haben oder nicht. Es darf keine Obergrenze für den Betrag geben, den jede Person in Form von digitalen Euro besitzen kann, und es müssen Zinsen auf den gesamten Betrag der digitalen Euro gezahlt werden, den jede Person besitzt. Außerdem muss die vollständige und sofortige Übertragbarkeit von digitalen Euro auf Bankkonten (und umgekehrt) gewährleistet werden, ohne dass dafür Gebühren erhoben werden.

Klaus Karwat

1. Vorsitzender
Monetative e.V.

Akkordeon Inhalt

Prof. Christian Grothoff

Bern University of Applied Sciences & Co-founder of Taler Systems SA

Akkordeon Inhalt

Frank Schäffler

Mitglied des
Deutschen Bundestages (FDP)

Akkordeon Inhalt

Fabio de Masi

Finanzexperte & Abgeordneter Europaparlament (BSW)

Akkordeon Inhalt

Unter dem digitalen Euro werden sehr unterschiedliche Konzepte verstanden. Leider erfolgt dazu kaum eine politische Debatte (wie ich sie seit vielen Jahren in Veröffentlichungen einfordere, zuletzt hier https://financefwd.com/de/digitaler-euro-debatte-teil-1/

Ein digitaler Euro, der Bürgern Zugang zu Zentralbankguthaben verschafft, könnte theoretisch der zunehmenden Verdrängung des Bargelds durch elektronische Zahlungsabwicklung entgegenwirken. Denn Zentralbankgeld ist im Unterscheid zum Giral- bzw. Bankengeld zu 100 Prozent ausfallsicher (von Inflationsrisiken abgesehen), da eine Zentralbank nie in eigener Währung pleite gehen kann.

Er könnte überdies die Markt-, Daten- und Technik-Macht neuer digitaler Schattenbanken (zB Tech Konzerne wie Apple, Meta, Google etc.) begrenzen, die den Einfluss der Zentralbanken auf die Geldschöpfung und die geldpolitische Transmission schwächen können (etwa wenn soziale Verhaltensdaten zur Kreditschöpfung außerhalb des regulierten Bankensektors genutzt werden).

Der digitale Euro sollte das physische Bargeld jedoch nicht verdrängen, sondern bestenfalls ergänzen, um eine zu große Abhängigkeit von digitalen Zahlungssystemen zu verhindern. Genau dies ist aber aktuell zweifelhaft.

Darüber hinaus könnte der digitale Euro in der Theorie einen Beitrag zur stärkeren Regulierung/Begrenzung der Geldschöpfung unter öffentlicher Regie und somit auch zur Kreditlenkung zu Gunsten bestimmter Wirtschaftssektoren leisten, da er sichere Alternativen zum Bankengeld schafft.

Die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) verfolgen aber ein Konzept des digitalen Euros, welches den Banken möglichst wenig Konkurrenz machen soll und daher auch nur wenig disziplinierend auf den Bankensektor wirkt. Denn es wird andernfalls ein digitaler Bank Run befürchtet und Druck auf die Profitabilität von Banken, da diese von hohen Einlagen profitieren. (Erläuterung: Denn Kundeneinlagen werden üblicherweise geringer verzinst als Kredite auf dem Interbankenmarkt oder der EZB. Banken, die über viele Kunden bzw. Einlagen verfügen, haben geringere Abflüsse an andere Banken und sind weniger auf den Geldmarkt bzw. Interbankenkredite angewiesen, da ein größerer Teil des Zahlungsverkehrs der Kunden zwischen Konten bei der eigenen Bank erfolgt. Daher erhöhen Einlagen die Profitabilität). Entsprechend sind sichere EZB-Guthaben für Unternehmen und/oder Bürger bei Banken nicht populär.

Um das Geldschöpfungsprivileg der Geschäftsbanken zu bewahren, soll die Menge an digitalem Zentralbankgeld, die Private halten dürfen, nach dem Willen der EU-Kommission sowie der EZB daher auf kleine Beträge begrenzt werden. Dies mag zwar den pragmatischen Einstieg in einen digitalen Euro ermöglichen, steht aber im Widerspruch zum Nutzen des digitalen Euros im Alltag.

1. Das wichtigste Argument von Teilen der Bankenlobby gegen einen digitalen Euro lautet: Die Banken bekommen Konkurrenz. Die Menschen könnten künftig ihre Euro lieber in einem digitalen Euro-Konto führen, dass von der EZB garantiert wird. Die Angst: Die Profite der Geschäftsbanken kommen unter Druck, da sie die billigen Kundeneinlagen verlieren. Es ist zudem nicht Aufgabe der Zentralbank das Kundengeschäft zu führen. Eine Bewertung von Kreditrisiken kann eine Zentralbank nicht leisten. Kunden würden also in Phasen niedriger Zinsen ihre Einlagen massenhaft zur EZB umschichten. Denn wenn die Ersparnisse bei der EZB sicherer sind, gäbe es keinen Grund die Einlagen bei der Hausbank zu führen.

Ich halte diese Sorge für übertrieben. Denn Geschäftsbanken mit soliden Geschäftsmodell und Einlagensicherung müssen einfach nur einen höheren Zins bieten, um Einlagen einzuwerben. Dies senkt die Profitabilität. Würde die EZB die digitalen Euro-Guthaben bei der Zentralbank aber nicht verzinsen, würde sich zur jetzigen Situation kaum etwas verändern. Daher ist eine gewisse Konkurrenz zu den Banken sogar wünschenswert. So wie verfügbarer öffentlicher Wohnraum die privaten Mieten dämpft, könnte die EZB damit den Druck auf riskante Geschäftsmodelle oder hohe Profitmargen zu Lasten der Kunden erhöhen.

Außerdem benötigen Banken auch – anders als oftmals behauptet – keine Einlagen, um Kredite zu vergeben. Banken finanzieren sich überwiegend über Schuldverschreibungen. Kundeneinlagen sind für Banken schlicht billiger. Um diese Bedenken aufzugreifen, wird jedoch über Höchstgrenzen für Kundeneinlagen bei der EZB diskutiert. Das Problem: Sind diese Grenzen sehr niedrig, stellt sich die Frage, warum Kunden dann den digitalen Euro nutzen sollten.

2. Zahlungsdienstleister sollen laut des Vorschlags Transaktionen mit dem digitalen Euro mit einer „angemessenen Gewinnspanne“ übermitteln, die von der EZB überwacht werden soll. Aus meiner Sicht kann der digitale Euro nur an Akzeptanz gewinnen, wenn Transaktionen deutlich günstiger ausfallen als bei übrigen Bank-Dienstleistungen. Wie das jedoch sichergestellt werden kann, ist bisher unklar.

Laut Art. 34 des Vorschlags für eine EU-Verordnung sollen Zahlungsdienstleister Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die der EZB, nationalen Zentralbanken und Anbietern von Unterstützungsdiensten übermittelten Daten keine „direkte Identifizierung“ der Nutzer ermöglicht. Die EU-Kommission soll zugleich gemäß ihres Vorschlags Transaktions- und Obergrenzen für die Offline-Bestände festlegen (also das Speichergerät für „digitales Bargeld“). Dies entspräche dann einer Art Bargeldobergrenze. Die EZB soll hingegen für die Online-Obergrenze auf den Konten zuständig sein.

Es ist jedoch fraglich wie die EZB solche Höchstgrenzen für Zahlungen mit dem digitalen Euro durchsetzen will ohne in Echtzeit auf Benutzerdaten zuzugreifen, um festzustellen, ob mehrere Konten mit digitalen Euro-Beständen vorhanden sind. Denn die EZB müsste dazu ja auch wissen über wie viele digitale Euros ein Nutzer auf einem Offline-Speichermedium verfügt. Außerdem steigt womöglich das Risiko von Hackerangriffen, wenn zu viele Daten bei der EZB zentralisiert wären.

Damit Obergrenzen nicht zur Geldwäsche unterlaufen werden, ist ein solcher Datenabgleich kaum vermeidbar. Es muss aber sichergestellt werden, dass Offline-Transaktionen nicht nachvollzogen werden können, um eine echte Entsprechung zum Bargeld zu schaffen. Wenn dies nicht möglich ist, verstärkt dies die Notwendigkeit physisches Bargeld vor einer Verdrängung zu schützen.

3. Laut Artikel 5 Nr. 1 (b) der vorgeschlagenen Bargeldverordnung dürfen Geschäfte, abweichend von der grundsätzlichen Annahmepflicht, die Bargeldannahme verweigern, wenn das vorher zwischen Zahler und Empfänger vereinbart wurde. In der rechtlichen Praxis würde jedoch davon ausgegangen, dass der Kunde dem Bargeldausschluss zugestimmt habe, wenn ein Geschäft (oder gar staatliche Stellen) seine Ablehnung von Bargeld vor einer Transaktion deutlich kommuniziert hat. Wir kennen das von den Schildern: „Nur Kartenzahlung“. Für den digitalen Euro soll diese Ausnahme jedoch entkernt werden, indem verboten wird, die Annahme des digitalen Euro durch einseitige Erklärung in den Geschäftsbedingungen auszuschließen. Die Annahmepflicht für den digitalen Euro soll auch dann gelten, wenn ein Geschäft die Bargeldannahme ausschließt. Die EU-Kommission beansprucht aber auch die Kompetenz, in Eigenregie weitere Ausnahmen von der Annahmepflicht für Euro-Bargeld einzuführen. Die EU-Kommission würde das Vertrauen in den digitalen Euro daher stärken, wenn sie nicht nur die Annahmepflicht des digitalen Euros, sondern auch von Bargeld bis zu gewissen Obergrenzen verankern würde.

Dieser Kritik hat sich mittlerweile auch die EZB in einer Stellungnahme vom 13. Oktober 2023 angeschlossen. Sie schreibt dort, dass einseitige Ausschlüsse von Bargeld „Ex-Ante“ (im Voraus) durch Einzelhändler oder Dienstleister ausgeschlossen werden müssen und fordert die EU-Verordnung dahingehend anzupassen, „dass einseitige Ex-ante-Ausschlüsse von Bargeld verboten sind.“ Die EZB fordert „klarzustellen, dass (…) „sowohl Praktiken des Bargeldverbots (z. B. “Kein Bargeld”-Schilder an Geschäftseingängen oder Verkaufsstellen) als auch Vertragsbedingungen, die nicht individuell ausgehandelt wurden (z. B. vorformulierte Standardverträge)“ unzulässig seien.

Die geplante Ausgestaltung des digitalen Euro als Bargeldersatz auch im Präsenzhandel und die Absicht, eine allgemeine Annahmepflicht zwar für den digitalen Euro einzuführen, nicht aber für Bargeld, nährt daher de Verdacht, dass physisches Bargeld verdrängt, statt ergänzt werden soll. Damit würde auch die Unabhängigkeit des Zahlungsverkehrs von ausländischen Finanzkonzernen geschwächt.

4. Dem Ziel der größeren technologischen Autonomie läuft auch die Absicht der EZB zuwider, einen Teil ihrer IT-Anwendungen in die Cloud zu verlagern und dabei auch auf Dienste großer US-Dienstleister wie Amazon Web Services (AWS), Microsoft und Google zu setzen. Ich hatte bereits 2014 in meiner Zeit im EU-Parlament enthüllt, dass die EZB zentrale Kommunikation über den IT-Dienstleister Verizon abwickelt. Es wurde jedoch im Zuge der NSA-Affäre bekannt, dass Verizon verpflichtet wurde, eng mit den US Sicherheitsbehörden, zusammenzuarbeiten. Um Spionage abzuwehren, hatte das deutsche Innenministerium die Zusammenarbeit mit Verizon beendet. Die EZB hielt damals an der Zusammenarbeit fest. Die EZB hat hier in ihrer Technologiepolitik ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Ich war 2018 einer der ersten Politiker, der sich als Antwort auf Facebook, Apple und Alibaba Gedanken zum digitalen Euro machte und versuchte diese Debatte auch in den Bundestag zu holen. Leider werden technologische Umwälzungen, die von privaten Unternehmen und öffentlichen Institutionen vorangetrieben werden, aber zu zu wenig gesellschaftspolitisch diskutiert.

Um die Übertragung der Geldpolitik zu verbessern, sollte die EZB aus meiner Sicht durchaus in zumindest begrenzte Konkurrenz zu den Banken treten. Damit es Nachfrage des Publikums nach Zentralbankgeld bzw. digitalen Euros gibt, könnte etwa erwogen werden in Stresssituationen niedrig verzinste Kleinstkredite und Hilfen, wie sie etwa in der Corona-Pandemie vom Staat gewährt wurden, über digitale Euro-Konten abzuwickeln. Wenn es sich ohnehin um staatlich besicherte Hilfen handelt, die durch Förderbanken oder staatliche Stellen abgewickelt werden, wäre dies für die EZB unproblematisch. Denn es bestünden öffentliche Bürgschaften bei Kreditausfällen. Die EZB kann ohnehin frei bilanzieren und aufgrund ihrer Seigniorage-Gewinne, die bei der Geldschöpfung entstehen, und des Geldschöpfungsmonopols sogar negatives Eigenkapital verkraften.

Prof. Ulrich Hufeld

Helmut-Schmidt-Universität, Öffentliches Recht & Steuerrecht

Akkordeon Inhalt

Grundsätzlich positiv! Wenn wir das Projekt klug konzipieren, können wir neue europäische Freiheit gewinnen, ohne die analoge Bargeldfreiheit aufzugeben. Wir müssen die Idee der „geprägten Freiheit“ in die digitale Welt tragen – im Zeichen demokratischer Prägekraft. Politisch ungesteuerte, faktische Privatisierung der „Macht über Geld“ wäre ein kapitaler Fehler. Dass die Apps der Zahlungsdienstleister aus den USA oder China prächtig funktionieren, sollte uns nicht beruhigen, sondern nervös machen. Der Euro gehört zur kritischen Infrastruktur. Währungspolitik ist Infrastrukturpolitik. Aus den dramatischen Irrtümern in der Energieversorgungspolitik sollten wir lernen. Wir dürfen uns nicht noch einmal in Abhängigkeiten manövrieren. Der digitale Euro kann gelingen, als Projekt der Freiheit und als Rückversicherung für strategische Autonomie der Europäischen Union.

Der Euro ist keine Fremdwährung! Er ist die gemeinsame Währung der in der Währungsunion verbundenen und verbündeten Staaten. Das Vertragsrecht verpflichtet auf soziale Marktwirtschaft und freien Wettbewerb, nimmt aber zugleich die Eurostaaten in die Verantwortung für das „gesetzliche Zahlungsmittel“. Das ist der historische Euroraum-Auftrag – fundamentale öffentliche Infrastrukturverantwortung für Geld als Voraussetzung individueller Freiheit. Die Grundentscheidung für eine hoheitliche Primärkompetenz in der Geldordnung folgt der langen Tradition, „Währungshoheit“ als ausschließliche Staatsaufgabe zu begreifen, im Zuge ihrer Europäisierung heute als Aufgabe der im Währungsverbund vereinigten Hoheitsträger.

Klugerweise hat die Europäische Kommission im Sommer 2023 nicht nur einen Gesetzgebungsvorschlag „zur Einführung des digitalen Euro“ vorgelegt, sondern auch den weiteren Vorschlag „über Euro-Banknoten und Euro-Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel“. Der Status von und der Zugang zu Bargeld bleiben erhalten – zur stetigen Gewährleistung der Annahme und Verfügbarkeit von Bargeld. Die Behauptung, der digitale Euro werde uns aufgedrängt, das Bargeld aber verdrängt, womöglich in böser Absicht, erweist sich als haltlose Propaganda.

Eine Verordnung zur Einführung des Bargeldzwillings aktualisiert die Mission der Eurostaaten, für die Geld-Infrastruktur die volle Verantwortung zu übernehmen. Wenn der digitale Euro als gesetzliches Zahlungsmittel politisch gewollt ist, findet er im Unionsgesetz (Art. 133 AEUV) seine unersetzliche Legitimations- und Regulierungsbasis. Das Gesetz ist auch nicht rechtfertigungsbedürftig: nicht gegenüber staatlicher Kompetenz nach Maßgabe der Subsidiarität; nicht gegenüber dem „Notenbankmonopol“ der Europäischen Zentralbank; nicht gegenüber dem Primat privatwirtschaftlicher Aktivität. Art. 133 AEUV vermittelt dem Unionsgesetzgeber eine ausschließliche Kompetenz. Über „die Verwendung des Euro als einheitliche Währung“ entscheiden gesetzlich-demokratisch das Europäische Parlament und die im Rat versammelten Eurostaaten.

Der digitale Euro muss attraktives Angebot sein für Jedermann (Retail-CBDC), für Bürger und Unternehmen – als Neuprägung des vertrauten, europäischen, in jeder Hinsicht eigenen und gemeinsamen Euro-Bargelds, robust, alltagstauglich und verlässlich. Sicherheit, Datensicherheit und minimalistischer Umgang mit Transaktionsdaten müssen als strikte Imperative Anerkennung finden. Im Wettbewerb der bargeldlosen Zahlungsmittel muss der digitale Euro die demokratisch kontrollierbare, transparente, überlegene Geld-Variante werden, verbunden mit der Gewissheit, dass jedwede Datenkommerzialisierung ausgeschlossen ist. Er muss Akzeptanz gewinnen und dauerhaft vertrauenswürdig sein.

Das Prinzip der Währungshoheit schließt nicht das Nebeneinander von Zentralbankgeld und Geschäftsbankgeld aus, fordert aber die Primärverantwortung der Hoheitsträger für das gesetzliche Zahlungsmittel als monetärer Anker, optiert damit gegen ein Privatwährungssystem. Darin liegt eine Chance: Die Charta-Grundrechte, insbesondere das Recht auf Privatsphäre und das Recht auf Schutz personenbezogener Daten (Art. 7 und 8 GRCh), nehmen den Unionsgesetzgeber in die Pflicht und strukturieren die nähere regulatorische Ausgestaltung des digitalen Euro. GRCh statt AGB! Anspruchsvolle Grundrechtsbindung sollte gewährleisten, dass wir auch im Digitalverkehr ein „gesetzliches“ Zahlungsmittel nutzen, legitimatorisch befestigt im Euro-Integrationsrecht.

Dr. Norbert Häring

Ökonom, bekannter Journalist & Publizist

Akkordeon Inhalt

Es gibt nicht DEN digitalen Euro. Es gibt sehr unterschiedliche Möglichkeiten, ihn zu gestalten, passend zu dem Ziel, das man damit verfolgt. Die gesellschaftliche Diskussion über das Ziel des Unterfangens müsste am Anfang stehen. Sie findet aber praktisch nicht statt. Stattdessen entwerfen nicht politisch rechenschaftspflichtige Experten bei der Europäischen Zentralbank und Technokraten in der EU-Kommission im Gerangel der Einflussgruppen eine Version des digitalen Euro und schaffen damit politische Fakten.

Andere gesellschaftliche Akteure, darunter die Monetative, bewerten einen anderen digitalen Euro in Hinblick auf ihre eigenen Ziele, oft ohne allzu viel Rücksicht darauf, auf welche Ziele hin er tatsächlich ausgestaltet werden wird.

 Aus dem Sammelsurium der von der EZB genannten Ziele destilliert Peter Bofinger drei Hauptziele:

  • Schaffung eines monetären Ankers
  • Ein einheitliches europäisches Zahlungsinstrument für Endnutzer
  • Stärkung der strategischen Autonomie Europas

 

Das unterstützenswerte Hauptziel der Monetative ist dagegen ein robusteres Zahlungsverkehrssystem in dem die Geldschöpfung allein in öffentlicher Regie stattfindet. Dazu wäre der digitale Euro geeignet, aber das ist dezidiert nicht das Ziel von EU-Kommission und EZB. Im Gegenteil: um das Geldschöpfungsprivileg der Geschäftsbanken zu bewahren, soll die Menge an digitalem Zentralbankgeld, die Private halten dürfen, auf kleine Beträge begrenzt werden.

 

Die Wertung der erklärten Ziele der EZB will ich in Beantwortung der folgenden Frage vornehmen, auch wenn diese nicht nach dem Ziel sondern nur nach den Merkmalen fragen.

In Bezug auf das Ziel der Monetative eines robusteren Zahlungsverkehrssystems durch Entmachtung der Geschäftsbanken und der von diesen dank Geldschöpfungsprivileg gefütterten Schattenbanken bringt die vorgesehene Ausgestaltung allenfalls geringfügigen Fortschritt.

Was die Ziele der EZB-anbelangt, so lassen diese sich entweder leichter auf anderem Wege erreichen oder sie sind abzulehnen.

Das nur vage definierte Ziel der strategischen Autonomie ließe sich einfacher und wirksamer erreichen, indem mit den Banken ein Europäisches Zahlungsverkehrssystem ohne Beteiligung der großen US-Finanzdienstleistungskonzerne geschaffen wird; so wie es andere Länder vorgemacht haben.

Stattdessen soll mit dem digitalen Euro ein System geschaffen werden, das letztlich die bisherigen Zahlungsverkehrsakteure – einschließlich der amerikanischen – eng einbindet.

Was die Schaffung eines monetären Ankers und eines einheitlichen europäischen Zahlungsinstruments angeht, so ist beides mit Euro-Bargeld schon vorhanden. Erklärter Maßen geht es um die Zeit, wenn Bargeld weitgehend verschwunden ist. Damit nähren Kommission und EZB den starken Verdacht, dass sie mit dem digitalen Euro vor allem die Beseitigung von Bargeld erleichtern wollen. Dieser wird weiter genährt durch die geplante Ausgestaltung des digitalen Euro als Bargeldersatz auch im Präsenzhandel und durch die Absicht, eine allgemeine Annahmepflicht zwar für den digitalen Euro einzuführen, nicht aber für Bargeld.

Sich besser um die Bewahrung des Bargelds zu kümmern, würde die  Unabhängigkeit des Zahlungsverkehrs von ausländischen Finanzkonzernen fördern. Die mindestens De-facto-Begünstigung der Bargeldverdrängung durch den digitalen Euro läuft somit dem erklärten Ziel zuwider.

Zunächst müsste gesellschaftliche Übereinstimmung über das Ziel erzielt und dieses verbindlich festgeschrieben werden. Solange das Ziel im Ungefähren bleibt, können die Merkmale jederzeit im Sinne eines gesellschaftlich nicht vereinbarten Ziels geändert werden.

Das betrifft etwas die begrenzte Anonymität, die es für kleiner Zahlungen mit dem digitalen Euro geben soll, mutmaßlich um ihn als Bargeld-Ersatz akzeptabel zu machen. Diese kann jederzeit später reduziert oder aufgehoben werden. Dasselbe gilt für die Obergrenzen für das Halten von digitalen Euro oder für einzelne Zahlungen. Diese Grenzen soll nach dem Richtlinienvorschlag der Kommission die EZB nach eigenem Gutdünken festlegen und ändern dürfen.

Unter der von mir befürworteten Zielsetzung, die Bürger entscheiden zu lassen, wer für welche Aktivitäten Kredit bekommt und damit auf gesellschaftliche Ressourcen zugreifen darf, gäbe es keine Obergrenzen für das Halten und die Nutzung des digitalen Euro. Neu in Umlauf gebrachtes Geld würde zu gleichen Teilen den Bürgern in Form digitaler Euro gutgeschrieben. Banken könnten nur noch als Kreditvermittler fungieren und nur, wenn die Bürger das wollen. Sie könnten nicht mehr mit selbst geschaffenem Geld eine bestimmte Wirtschaftsform (die kapitalistische) finanzieren und mögliche Alternativen finanziell austrocknen.

GLS Bank

Deutschlands bekannteste
Gemeinschaftsbank

Akkordeon Inhalt

[Die GLS Bank hat, nach interner Abstimmung und vertreten durch Herrn Falk Zientz, zusammenfassend auf alle 3 Fragen zum Digitalen Euro wie folgt geantwortet.]

Kriterien für einen digitalen Euro

Grundsätzlich spricht vieles für eine zügige Einführung des digitalen Euros. Der Teufel steckt jedoch im Detail. Hier die wesentlichen Kriterien, die hierbei zu beachten sind:

  1. Privatsphäre: Diese sollte vergleichbar wie bei Barzahlungen gewährleistet sein, sowohl gegenüber der EZB als auch gegenüber Zahlungsdienstleistern.
  2. Sicherheit: Sichere Verfahren für Offlinezahlungen sowie Rückabwicklungsprozesse bei Betrug & Wallet-Verlusten sind einzurichten.
  3. Open Source: Der Abhängigkeit von globalen Konzernen ist eine offene, integrative und transparente Entwicklung entgegenzustellen.
  4. Kosteneffizienz: Die Währung hat eine kostengünstige Alternative für Transaktionen zu bieten.
  5. Inklusivität: Das Zahlungsmittel sollte auch für Menschen mit Beeinträchtigungen und in prekären Lebensverhältnissen zugänglich sein.
  6. Stabilität: Geldpolitische Maßnahmen haben im digitalen Euro gleichermaßen zu greifen.

[Die GLS Bank hat, nach interner Abstimmung und vertreten durch Herrn Falk Zientz, zusammenfassend auf alle 3 Fragen zum Digitalen Euro wie folgt geantwortet.]

Kriterien für einen digitalen Euro

Grundsätzlich spricht vieles für eine zügige Einführung des digitalen Euros. Der Teufel steckt jedoch im Detail. Hier die wesentlichen Kriterien, die hierbei zu beachten sind:

  1. Privatsphäre: Diese sollte vergleichbar wie bei Barzahlungen gewährleistet sein, sowohl gegenüber der EZB als auch gegenüber Zahlungsdienstleistern.
  2. Sicherheit: Sichere Verfahren für Offlinezahlungen sowie Rückabwicklungsprozesse bei Betrug & Wallet-Verlusten sind einzurichten.
  3. Open Source: Der Abhängigkeit von globalen Konzernen ist eine offene, integrative und transparente Entwicklung entgegenzustellen.
  4. Kosteneffizienz: Die Währung hat eine kostengünstige Alternative für Transaktionen zu bieten.
  5. Inklusivität: Das Zahlungsmittel sollte auch für Menschen mit Beeinträchtigungen und in prekären Lebensverhältnissen zugänglich sein.
  6. Stabilität: Geldpolitische Maßnahmen haben im digitalen Euro gleichermaßen zu greifen.

[Die GLS Bank hat, nach interner Abstimmung und vertreten durch Herrn Falk Zientz, zusammenfassend auf alle 3 Fragen zum Digitalen Euro wie folgt geantwortet.]

Kriterien für einen digitalen Euro

Grundsätzlich spricht vieles für eine zügige Einführung des digitalen Euros. Der Teufel steckt jedoch im Detail. Hier die wesentlichen Kriterien, die hierbei zu beachten sind:

  1. Privatsphäre: Diese sollte vergleichbar wie bei Barzahlungen gewährleistet sein, sowohl gegenüber der EZB als auch gegenüber Zahlungsdienstleistern.
  2. Sicherheit: Sichere Verfahren für Offlinezahlungen sowie Rückabwicklungsprozesse bei Betrug & Wallet-Verlusten sind einzurichten.
  3. Open Source: Der Abhängigkeit von globalen Konzernen ist eine offene, integrative und transparente Entwicklung entgegenzustellen.
  4. Kosteneffizienz: Die Währung hat eine kostengünstige Alternative für Transaktionen zu bieten.
  5. Inklusivität: Das Zahlungsmittel sollte auch für Menschen mit Beeinträchtigungen und in prekären Lebensverhältnissen zugänglich sein.
  6. Stabilität: Geldpolitische Maßnahmen haben im digitalen Euro gleichermaßen zu greifen.

Prof. Dirk Niepelt

Universität Bern, Macroeconomics & International Finance

Akkordeon Inhalt

Wo Firmen und Haushalte Sichteinlagen bei Banken halten, dort verknüpft die Finanzarchitektur die Finanzierung von Banken mit der Bereitstellung von Zahlungsmitteln. Dies bietet Vorteile, zieht aber auch volkswirtschaftliche Kosten nach sich. So setzt es das Zahlungssystem Risiken im Zusammenhang mit “Bank Runs” aus und beansprucht Ressourcen für die Regulierung, Aufsicht und Rettung von Banken.

 

Retail CBDC (rCBDC) Projekte wie der “digitale Euro” eröffnen die Möglichkeit, diese Architektur zu modifizieren und Zahlungsmittel zur Verfügung zu stellen, die der Fragilität des Bankensystems weniger stark ausgesetzt sind. Eine zentrale Frage ist daher die nach den gesamtwirtschaftlichen Kosten und Nutzen der beiden Finanzarchitekturen für die Liquiditätsversorgung. Sollte diese Frage dahingehend beantwortet werden, dass die Liquiditätsversorgung mittels rCBDC gesamthaft Vorteile bringt, dann wäre es vernünftig, die Nutzung von rCBDC wirtschaftspolitisch zu fördern, selbst wenn das traditionelle Geschäftsmodell von Banken darunter litte.

 

Häufig wird suggeriert, dass rCBDC kaum gesamtwirtschaftliche Vorteile mit sich bringen kann, wenn es die einlagenbasierte Finanzierung von Banken gefährdet. Doch dieser Schluss ist nicht zwingend und die Forschung legt sogar den gegensätzlichen Schluss nahe. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, die gesamtwirtschaftlichen Vor- und Nachteile eines Europäischen rCBDC ergebnisoffen zu prüfen und dabei das Blickfeld nicht unnötig einzuengen.

Die Pläne für einen “digitalen Euro” beruhen auf nachvollziehbaren wirtschaftspolitischen Zielen, insbesondere im Bereich des Zahlungsverkehrs. Sie klammern aber unter anderem die zentrale makroökonomische Frage nach der gesamtwirtschaftlich effizientesten Finanzarchitektur aus. Damit vergibt das Projekt eine Chance.

Zudem sehen die Pläne vor, das Halten von “digitalen Euros” zu erschweren oder unattraktiv zu gestalten. Wie oben erläutert könnte dies kontraproduktiv sein.

Sollte der oben beschriebene Vergleich der Finanzarchitekturen Vorteile von rCBDC nahelegen, dann wäre es sinnvoll, Anreize zur Nutzung von rCBDC zu geben: rCBDC Guthaben sollten verzinst und nicht oder nicht sehr restriktiv gedeckelt werden.

[Wenn Sie wollen, koennen Sie gerne auf mein neues JF Papier verweisen, das zum Schluss kommt, dass rCBDC Liquiditaet volkswirtschaftlich billiger bereitstellt als das zweistufige Bankenwesen.

Prof. Helge Peukert

Universität Siegen,
Plurale Ökonomik

Akkordeon Inhalt

Ich halte einen digitalen Euro angesichts des nach wie vor sehr fragilen Finanzsystems (niedrige Leverage Ratio), Großbanken (too big to fail), Hochfrequenzhandel usw. aus systemkritischer Perspektive für kein besonders wichtiges Vorhaben. Natürlich ist es für die Befürworter eines Vollgeldsystems eine verführerische Idee, da es das zurecht kritisierte Geldschöpfungsprivileg der privaten Geschäftsbanken einschränkt.

Angesichts des geringen Betrages des den Bürgern zugestandenen digitalen Euros ist diese Einschränkung allerdings minimal. Angesichts der von vielen Interessenten geäußerten Attacken gegenüber dem Bargeld als einzigem vollwertigen Zahlungsmittel mit gesicherter Anonymität scheinen mir entgegen allen Bekundungen der Zentralbanker*innen Bedenken nicht abwegig, dass der digitale Euro als Palliativmittel zur tendenziellen Abschaffung des Bargeldes fungieren könnte. Die Hoffnung, dass die Pferde nach Einführung eines z.B. auf 3000 Euro pro Nase gezügelten digitalen Euro durch spätere Anhebungen in Richtung eines hohen digitalen, quasi Vollgeldanteils tendieren, scheint mir angesichts der derzeitigen institutionalisierten Macht- und Herrschaftsverhältnisse, die dem Code des Kapitals (Pistor) entsprechen, völlig unrealistisch.

Zu wünschen wäre eine Umstellung auf 100% digitales Geld für die Bürger unter Wahrung ihrer Privatsphäre, was derzeit völlig weltfremd ist, da die Finanzgroßwirtschaft sich die mit der Geldschöpfung einhergehenden Privilegien nicht aus der Hand nehmen lassen und die von ihnen im derzeitigen Arrangement abhängigen Regierungen, als Lehrstück können die Reaktionen auf die Finanzmarktkrise dienen, sicherlich nicht die hierzu nötige Konfrontation aufnehmen werden. Aller Erfahrung nach wäre die Einhaltung des Versprechens auf Anonymität eine große Überraschung angesichts des in vielen gesellschaftlichen Bereichen mangelhaften Datenschutzes. Anstatt über die Technik eines digitalen Euros zu sinnieren und seine Einführung aus der geldpolitischen Kontrollperspektive der EZB zu behandeln, sollten in der zivilgesellschaftlichen Diskussion die Ziele eines digitalen Euro im Rahmen einer umfassenden Reformagenda, die Verbote von Leerverkäufen, Kreditausfallversicherungen, Repos und zwecks Verbraucherschutz Provisionsverbote enthalten könnte, im Vordergrund stehen. Und wie viel unnötige und womöglich destabilisierende Hektik und Energieverschwendung könnte vermieden werden, wenn man eine eintägige Haltefrist einführen würde? Eingebettet in eine entsprechende fundamentale Transformation der Geld- und Finanzmärkte könnte ein digitaler Euro eine konstruktiver Mosaikstein sein.

Jörn König

Mitglied des Deutschen Bundestages (AfD)

Akkordeon Inhalt

Der digitale Euro wäre eine Ausprägung von sog. digitalem Zentralbankgeld, engl. Central Bank Digital Currency (CBDC).

Zentralbankgeld im Allgemeinen setzt sich zusammen aus dem physischen Bargeldumlauf (Münzen und Banknoten) und Zentralbankgeldguthaben bei der Zentralbank (insbesondere Einlagen von Geschäftsbanken und des Staates bei der Zentralbank).

Bei der Ausgestaltung einer CBDC wird zwischen zwei Varianten unterschieden:

  • Retail-CBDC: Eine Digitalisierung des vom Eurosystem ausgegebenen Bargeldes (Banknoten und Münzgeld). Diese Variante wird als Retail-CBDC (von engl. Retail = Einzelhandel) bezeichnet. Hier könnten auch Privatpersonen und Unternehmen direkten Zugriff auf ein Konto bei der EZB erhalten.
  • Wholesale-CBDC: Eine Digitalisierung von Zentralbankgeldguthaben der Geschäftsbanken (von engl. Wholesale = Großhandel). Entgegen den Retail-CBDC stünden Wholesale-CBDC nur Geschäftsbanken und anderen Finanzinstitutionen, wie z. B. Versicherern, zur Verfügung. Privatpersonen und nichtfinanzielle Unternehmen hätten keinen Zugriff auf ein Konto bei der Zentralbank.

Darüber hinaus ist auch die Tokenisierung des Giralgeldes, sprich der Einlagen bei den Geschäftsbanken, angedacht (Giralgeld-Token).

Die damit einhergehende Token-Ökonomie bietet viele Chancen, aber leider auch hohe Risiken hinsichtlich der Freiheitsrechte der Bürger, wie in unserer Großen Anfrage (Drs. 20/7277, Drs. 20/5953) und in Drs. 20/9144 „Bargeld als einziges gesetzliches Zahlungsmittel bewahren und Überwachung der Bürger durch digitales Zentralbankgeld verhindern“ ausführlich erläutert.

Wir lehnen den digitalen Euro (in seiner bisher angedachten Ausprägung) nach Abwägung aller Vor- und Nachteile ab. Durch den digitalen Euro würden im Zuge der sog. 4. Industriellen Revolution die technischen Voraussetzungen für die Abschaffung des Bargeldes und in Verbindung mit anderen Elementen, wie biometrischen digitalen Identitäten, dem Internet der Dinge, Big Data, Künstlicher Intelligenz, etc., die Schaffung „digitaler Überwachungsstaaten“ ermöglicht. Zur Erhaltung der Freiheit setzen wir uns stattdessen für den Erhalt von Bargeld als einzigem gesetzlichen Zahlungsmittel ein.  

Entsprechend heißt es in unserem EU-Wahlprogramm 2024:

„Bargeld ist Freiheit und Schutz vor Enteignung und Totalüberwachung. […] Mit Unterstützung von Bundesregierung […] und Europäischer Zentralbank wird seine schleichende Abschaffung betrieben. […] Eine Abschaffung des Bargelds ermöglicht für den Krisenfall die Enteignung von Kontoinhabern. Bargeld ist ein natürliches Bollwerk gegen eine weitere Absenkung der Zinsen bis in den negativen Bereich. Ein Bargeldverbot würde bedeuten, dass Zahlungsvorgänge nur noch elektronisch stattfinden können. Dies eröffnet Staat und Banken die totale Kontrolle über alle Geldströme und Wirtschaftsaktivitäten, über jede finanzielle Handlung der Bürger, sogar über deren Aufenthaltsorte. Aus dem gläsernen Bankkunden würde der gläserne Mensch – Vollüberwachung und Regulierung bis hinein in private, ja intime Lebensbereiche (chinesisches „Social credit“-System) wären damit vorprogrammiert.“[1]

[1] S.21; https://www.afd.de/wp-content/uploads/2023/12/AfD_EW_Programm_2024.pdf

Wir lehnen den digitalen (Retail-)Euro wie ausgeführt ab. Darüber hinaus hatten wir jedoch auch gefordert, dass „[…] noch bevor die EZB über die Einführung des digitalen Euros beschließt, eine Volksbefragung nach Art. 20 Abs. 2 GG darüber abzuhalten, ob die Bürger die Einführung eines digitalen Euros in der von der EZB dann vorgeschlagenen Ausgestaltung zustimmen oder nicht […].“[1]

Insofern die Volksbefragung eine Zustimmung erhielte, wäre es – aus unsere Sicht – insofern grundgesetzlich und/oder EU-rechtlich sichergestellt wäre, dass Bargeld „als das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel“, wie bisher gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG geregelt, erhalten bliebe und als solches auch akzeptiert werden müsste, das geringere Übel, wenn

  • rechtlich und technisch sichergestellt wäre, dass CBDCs wenn überhaupt nur für programmierbare Zahlungen verwendet werden können, jedoch nicht selbst als programmierbares Geld ausgestaltet werden.
  • Die Triggerlösung der Bundesbank dahingehend ausgestaltet wäre,
  • dass gedeckte und ungedeckte Kryptoassets technisch eingebunden werden können,
  • dass tokenisiertes Giralgeld für M2M-, Pay-per-Use-, 24/7/365-, Offline- und IoT-Zahlungen sowie Automated Settlement Payments, Bidirektionale Verrechnungen und Auslandsgeschäfte verwendet werden kann,
  • dass Wholesale-CBDCs ermöglicht werden, jedoch nur für programmierbare Zahlungen, jedoch nicht als programmierbares Geld,
  • dass Retail-CBDCs nicht ermöglicht werden und damit auch keine Negativzinsen auf diese,
  • dass keine Negativzinsen auf Bargeld ermöglicht werden.

[1] Forderung 7 in Drs. 20/9144.

Prof. Andreas Kerkemeyer

Rechtspolitik für den digitalen Finanzsektor

Akkordeon Inhalt

Es kommt im Kern auf drei Fragestellungen an. Erstens: Wie groß sind die Gefahren, die von Stablecoins für das derzeitige Finanzsystem, in dem den Zentralbanken die Geldpolitik überantwortet ist, ausgehen? Zweitens: Verspricht eine digitale Zentralbankwährung, wie der digitale Euro, eine „strategische Autonomie“? Und drittens: Erscheint es hinreichend wahrscheinlich, dass der digitale Euro in der Breite genutzt wird?
Zum ersten Punkt: Stablecoins lassen sich als digitale Zahlungsmittel beschreiben, die mittels der Distributed-Ledger-Technologie von Privaten geschaffen werden und deren Wert durch eine Bindung an andere Vermögenswerte stabil gehalten werden soll. Sie sollen deshalb eine im Vergleich mit klassischen „Kryptowährungen“ (bspw. Bitcoin) geringere Volatilität aufweisen. Es ist sicherlich kein Zufall, dass international die Diskussion in den Zentralbanken nach der Ankündigung des Libra/Diem-Projektes von Facebook/Meta deutlich an Fahrt aufgenommen hat. Gleichzeitig ist es schwierig, die von Stablecoins ausgehenden Gefahren für eine bei der Zentralbank angesiedelte Geldpolitik konkret zu bewerten. Denn der Erfolg von Stablecoins (und der damit verbundene Bedeutungsverlust von Währungen) lässt sich nicht sicher vorhersagen. Letztlich handelt es sich um eine komplexe Prognoseentscheidung, die nicht von der Wissenschaft, sondern von der Politik (rechtlicher Rahmen) sowie den involvierten Zentralbanken (administrativ-technische Umsetzung) zu treffen ist. Allerdings spricht der Gedanke der Risikovorsorge dafür, proaktiv tätig zu werden. Denn in dem Moment, in dem sich von Privaten kontrollierte Stablecoins durchsetzen, wird es nur noch schwer möglich sein, eine von der Zentralbank verantwortete Alternative erfolgreich zu etablieren. Teilweise wird die Gefahr von Stablecoins für das geldpolitische Mandat der Zentralbanken mit dem Argument infrage gezogen, dass Stablecoins vielfach an Währungen gekoppelt sind. Das ist richtig, übersieht aber, dass ein global erfolgreicher Stablecoin sich von den Referenzwährungen emanzipieren kann und vielfach unterschiedliche Werte herangezogen werden, um die gewünschte Stabilität zu erreichen.
Zahlungsdienste tendieren, zweitens, zu oligopolistischen Strukturen. Sie sind zudem überwiegend in der Hand von nicht europäischen Unternehmen. Eine öffentlich verantwortete Zahlungsinfrastruktur kann hier eine Alternative darstellen und zugleich die „strategische Autonomie“ Europas fördern – es kommt freilich stark auf die Umsetzung an. Insbesondere ist sicherzustellen, dass die eingebundenen Privaten über Niederlassungen in Europa verfügen und eine europäische Eigentümerstruktur aufweisen. Darüber hinaus sollte auch darüber nachgedacht werden, wo die Transaktionsdaten gespeichert werden.
Der Erfolg des digitalen Euro wird sich, drittens, (auch) an seinem Verbreitungsgrad zeigen. Soll er sich durchsetzen, muss er mindestens jederzeit zugänglich, sicher und einfach zu handhaben sein sowie den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels erhalten. Darüber hinaus sollte seine Nutzung im Vergleich mit anderen Zahlungsdiensten mit konkreten Vorteilen einhergehen (dazu sogleich).

Der Legislativvorschlag der Kommission ist insgesamt eine solide Grundlage für die weitere parlamentarische und gesellschaftliche Diskussion. Die Kommission hat alle wesentlichen Herausforderungen identifiziert und Lösungen präsentiert, die den Erfolg des digitalen Euro ermöglichen sollen, aber auch den mit der Einführung des digitalen Euro verbundenen Herausforderungen Rechnung tragen würden. Angesichts der Komplexität des Vorhabens gibt es hier keine perfekten Lösungen.
Angesprochen wird im Verordnungsentwurf die Desintermediationsgefahr. Der digitale Euro würde (auch) eine Alternative zu klassischen Girokonten darstellen, weshalb Umschichtungen von Einlagen sehr wahrscheinlich sind. Schließlich kann digitales Zentralbankgeld als besonders sicher gelten, da eine Insolvenz der EZB extrem unwahrscheinlich ist. Die Einlagen sind aber – bildlich gesprochen – das Rückgrat der Banken, da diese aufgrund der Einlagen ihre zentrale volkswirtschaftliche Funktion – die Fristentransformation (maturity transformation) – erfüllen können. Konkret: Verfügt eine Bank über geringere Einlagen, kann sie auch weniger Kredite vergeben. Dem lässt sich aber mit den nach dem Kommissionsvorschlag möglichen Haltelimits (und der verbundenen (umgekehrten) Wasserfallfunktionalität) gut vorbeugen. Dürfen etwa maximal 3.000 digitale Euro gehalten werden, erscheint eine Beeinträchtigung des Bankengeschäftes doch eher unwahrscheinlich.
Datenschutz ist ein äußerst sensibles Themenfeld, gerade in Deutschland. Gleichzeitig sollte nicht übersehen werden, dass eine digitale Zentralbankwährung einerseits besonders grundrechtssensibel ist, weil bei ihr systemimmanent sehr viele personenbezogene Daten zentralisiert gespeichert werden müssen. Andererseits fallen bereits heute zahlreiche Transaktionsdaten an. Auch kann der Umfang der zu speichernden personenbezogenen Daten insgesamt geringer ausfallen als bei der Abwicklung der Transaktionen durch private Zahlungsdienstleistungsunternehmen.
Der Verordnungsentwurf verfolgt ein strenges Datenschutzkonzept. Nicht nur werden die klassischen datenschutzrechtlichen Standards für anwendbar erklärt. Es wird auch abschließend festgelegt, welche personenbezogenen Daten im Rahmen der Transaktionen mit digitalen Euro überhaupt erhoben, gespeichert und verarbeitet werden dürfen. Darüber hinaus wird die direkte Identifikation der Nutzer:innen durch eine Trennung der personenbezogenen Daten verhindert und die EZB und die nationalen Zentralbanken müssen ihre Systeme fortlaufend weiterentwickeln, auch um sie vor Angriffen zu schützen.

Soll der digitale Euro Einzug in den Alltag erhalten, muss er (wie bereits gesagt) leicht zugänglich, sicher und einfach zu handhaben sein sowie den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels erhalten. Darüber hinaus sollte seine Nutzung im Vergleich mit anderen digitalen Zahlungsdiensten mit Vorteilen verbunden sein. Diese Voraussetzungen stehen nicht losgelöst voneinander, sondern sind miteinander verwoben.
Es kann davon ausgegangen werden, dass der digitale Euro den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels erhalten wird. Der Verordnungsvorschlag der Kommission sieht genau dies vor, schafft aber auch (begrenzte) Ausnahmen. Hierdurch wird die Grundlage für eine recht breite Akzeptanz des digitalen Euro geschaffen. Zugleich wird aber auch sichergestellt, dass aufseiten der Bürgerinnen und Bürger Wahlfreiheit besteht.
Schwieriger wird es sein, einen konkreten Mehrwert zu schaffen. Aufgrund der zu erwartenden Haltelimits werden die Wallets mit den digitalen Euro mit Girokonten verknüpft werden müssen. Das heißt auch: Wer den digitalen Euro nutzen möchte, braucht ein Girokonto und wird im Ergebnis zwei Konten (bzw. ein Konto und eine Wallet) zu bedienen haben. Das ist etwas aufwendiger als die Nutzung eines klassischen Girokontos. Deshalb – und weil eine Verzinsung des digitalen Euro (Stand jetzt) nicht vorgesehen ist – kann der Vorteil nur in der Kosteneinsparung liegen. Dies kann gelingen, dürfte in der Praxis aber nicht ganz einfach werden.
Insoweit lässt sich (vereinfachend) zwischen den Händlerinnen und ihren Kunden unterscheiden. Bei digitalen Zahlungsdiensten sind die Kosten für die Kunden vielfach nicht sichtbar – nicht sie, sondern die Händlerinnen entrichten die Entgelte. Gelingt es, den digitalen Euro für Händlerinnen günstiger als andere digitale Zahlungsdienste anzubieten, kann dies mittelbar auch zu Kosteneinsparungen bei den Kunden führen. Die Herausforderung wird dann darin liegen, dass diese Kostenersparnisse auch an die Kunden weitergegeben werden, denn dies dürfte die Akzeptanz des digitalen Euro maßgeblich erhöhen.

Johannes Priesemann

Jurist & Ex-Präsident der EZB-Gewerkschaft IPSO

Akkordeon Inhalt

Was bedeutet Digitalisierung für den Euro? Für natürliche Personen gibt es ihn nur als Bargeld. Zahlungen verlagern sich zunehmend in den digitalen Raum. Dort funktioniert Bares nicht. Ist das ein Problem? Wenn ja: Wieso?

Shoshanna Zuboff (Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus) hat umfassend auf die gravierenden Probleme hingewiesen, die die fortschreitende Digitalisierung mit sich bringt. Julian Eibl (Privatheit durch Bargeld?) untersuchte die Problematik eingehend für das Bezahlen im digitalen Raum. Ergebnis: Digitalisierung ändert Wissens- und Machtbalancen massiv. Sie betrifft die Balance zwischen Staat und Bürger, sie gefährdet die informationelle Selbstbestimmung und grundlegende Freiheitsrechte. Jede Bewegung “im Netz” offenbart Information über die eindeutig identifizierbare Person. Diese Information wird ausgebeutet.

Ist das ein Problem für die Zentralbank? Ja. Dies liegt an der Gestalt unseres Währungs- und Geldsystems. Die umlaufende Banknote ist Kredit an die Zentralbank und damit an das Kollektiv, das die Währung bereitstellt. Bankgeld ist ein Kredit an die Bank. Zentralbankgeld ist gesetzliches Zahlungsmittel. Bankgeld muss nur aufgrund einer fingierten vertraglichen Zustimmung akzeptiert werden.

Zentralbankgeld diszipliniert durch die Gefahr des Bankruns den Risikoappetit der Banken. Bargeld garantiert die Privatsphäre für seine Nutzer. Je mehr das Bargeld verschwindet, desto mehr wird die öffentlich-private Partnerschaft in Währung und Geld zur privat-öffentlichen. Das ist ein Problem für Zentralbank und Bürger. Ein digitaler Euro könnte da helfen.

Ich sehe sie kritisch. Der Verordnungsentwurf der Kommission umfasst über 30.000 Worte. Was ist das zu lösende Problem? Es ist ein digitales öffentliches Zahlungsmittel für den digitalen Raum zu schaffen. Dieses sollte einen hochgradigen Schutz der Privatheit gewährleisten, technisch sicher und kosteneffizient sein und im digitalen Raum als gesetzliches Zahlungsmittel fungieren können. Dies alles unter der Kontrolle der Zentralbank. Genau das liefern die Vorschläge nicht.

Im europäischen Recht herrscht keine Klarheit über das gesetzliche Zahlungsmittel. Im vorliegenden Zusammenhang gilt die Rechtsprechung der EuGH (verbundene Rechtssachen C-422/19 und C-423/19). Der EuGH hat in diesem Urteil de facto das Prinzip des gesetzlichen Zahlungsmittels aufgegeben. Der Staat ist nicht verpflichtet, Bargeld auf seine Forderungen anzunehmen, es sei denn, der Schuldner weist nach, dass er kein Bankkonto hat. So verstehe ich dieses Urteil und die sonderbare Auffassung des Generalanwalts in dieser Frage.

Ich gebe auch zu bedenken, dass das Primärrecht der sedes materiae für das gesetzliche Zahlungsmittel ist (Artikel 128 (1) AEUV). Es ist fraglich, ob per Verordnung andere gesetzliche Zahlungsmittel als die vertraglich vorgesehenen eingeführt werden müssen. Es gibt gute Gründe dafür, dass diesim Primärrecht zu regeln ist.

Letztlich weise ich darauf hin, dass der vorliegende Verordnungsentwurf der Kommission ausschließlich für den digitalen Euro einen Annahmezwang vorsieht. Für das Bargeld gilt dies nur gemäß der o.g. Rechtsprechung. Ein Schalk, wer sich böses dabei denkt.

Der digitale Euro muss auf den digitalen Raum beschränkt bleiben, wenn das Bargeld nicht gefährdet, beziehungsweise erhalten bleiben soll, wofür ich plädiere. Die Bereitstellung eines öffentlichen Zahlungsmittels für Zahlungen im digitalen Raum ist zu begrüßen. Es sollte, wie alle seriösen Zahlungsmittel, sicher und effizient sein und hinsichtlich der Privatheit der Zahlungsinformationen – Anonymität wird es nicht geben können – den privaten Angeboten überlegen sein. Selbstverständlich sollte es den Anforderungen der Zahlungsverkehrsüberwachung vollkommen entsprechen. Hierbei ist eine befriedigende Antwort darauf zu finden, wie der potentielle Konflikt gelöst wird, der in der Verbindung der Rollen als Betreiber und Überwacher der eigenen Finanzinfrastruktur liegt. Alles weitere sollten technische Fragen sein.

Hans-Florian Hoyer

Ökonom, Monetative-Mitglied, ehemals GLS-Bank

Akkordeon Inhalt

„Der Euro“ wird von unterschiedlichen Emittenten in unterschiedlichen Ausprägungen ausgegeben, unter anderem auch schon in digitaler Form zwischen Banken. Verbrieft als materielle Banknote darf der Euro nur von der Zentralbank ausgegeben werden und dient als solcher dem kleinen bilateralen Zahlungsverkehr primär von Nichtbanken.

Jede Euro Zentralbanknote ist ein schwer fälschbares Unikat mit Seriennummer. Welchen Sinn kann es haben, dieses Konzept in eine Umgebung zu bringen, in der Kopie und Original prinzipiell nicht unterscheidbar sind und in der massenhaft Kopien zu minimalen Kosten erzeugbar sind?

Die Maßnahmen, die erforderlich sind, einem Bitmuster auf einem Gerät das Kennzeichen eines geltenden Unikats – etwa eine Seriennummer – und/oder dem Vorweisenden die Eigenschaft des rechtmäßigen Besitzers zu verleihen, müssten auch in digitaler Form vorliegen, was sie genauso leicht kopierbar macht.

Die kontrollierende Mitwirkung einer dritten Partei (Intermediär) oder der Nutzer des Internets (Bitcoin) wird zwingend erforderlich und hebt den kleinen bilateralen Zahlungsverkehr auf, auch wenn sichergestellt wäre, dass der Intermediär keine anderen als dienende Funktion ausübte und auch nicht von Vierten gezwungen werden kann, davon abzugehen.

Die immaterielle Verbriefung einer Forderung an die Zentralbank ist ein Widerspruch in sich. Bitmuster können nicht Privatbesitz sein. Der Aufwand, den Anschein zu erzeugen, ist vergeblich.

Die aktuellen Vorschläge zielen daraufhin, die digitalisierte Form des Zentralbank-Euros sowohl parallel zum Bargeld als auch zum Buchgeld der Geschäftsbanken zu etablieren. Ein Zahlungsmittel, das sowohl durch Eigentumsübergang als auch durch Überweisung von Schuld aus eingegangener Verbindlichkeit wirksam sein soll, muss eine Chimäre bleiben.

Die Vermehrung der Möglichkeiten für den Typ Tauschmittel, der sich in der Kreditwirtschaft selbst überholt hat, sehe ich als wenig sinnstiftend an. Eine Stärkung der Krisenresilienz des Mittels „Geld“ durch die Erhöhung der Diversität halte ich für wünschenswert, auch wenn derzeit keine Aussichten auf Verwirklichung zu bestehen scheinen.

Die Diversität würde dadurch erhöht, ein Mittel der Teilhabe in den Umlauf zu bringen, das zur einmaligen Nutzung berechtigt für die Güter, Dienste und Rechte, die die Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger absehbar immer wieder benötigen. Durch die kontinuierliche Ausgabe dieser gesellschaftlichen Dividende würde die Versorgung gesichert,  gleichzeitig die Grundlage für die sonstige arbeitsteilige Kooperation in der Wirtschaft  gefestigt und ein Beitrag für die Kohärenz der Gesellschaft geleistet, weil Bürgerinnen und Bürger aus gesichertem Grundauskommen sich im Bereich der Care-Economy in ihrem Umfeld engagieren können. Die kontinuierliche Ausschüttung der Dividende ermöglicht, dass sie nach einer festzulegenden Zeit verfällt (use it or lose it). Hierbei kann die Digitale Form ihre Stärke zeigen.  

 

Wenn der digitalen Euro nur parallel zum Bargeld eingesetzt werden soll, sollte seine Verwirklichung dem Bargeld in seiner Unkompliziertheit komplett gleichgestellt sein.

Der Dienstweg des Bargelds kommt ab der Auszahlung von einem Konto bis zur Einzahlung in einen Fächer anderer Konten ohne Umschreiben aus. Darin bestehen die Effizienz und die Flexibilität für die Nutzer. Missbrauch hebt den richtigen Gebrauch nicht auf.

Dr. Ralf Groetker

Autor Bürgergutachten
Digitaler Euro

Akkordeon Inhalt

Das kommt drauf an“ – und das ist das Problem. Wir kaufen gegenwärtig mit dem digitalen Euro die Katze im Sack. Mit einer Bewertung des digitalen Euros entscheidet man sich für oder gegen ein Entwicklungsprojekt, das im Ergebnis extrem offen ist. Es gibt Varianten eines digitalen Euro, die ich sehr begrüßen würde, es gibt welche, denen ich Achselzuckend gegenüberstehe, und es gibt auch welche, die ablehne.

Zunächst: Was genau der aktuelle Entwurf ist, Stand Juni 2024, wie er sich von anderen Entwürfen unterscheidet – das ist in der Öffentlichkeit so gut wie nicht bekannt. Ich halte das für ein echtes Manko. Auch die EZB trägt hier eine Verantwortung. Auf den Informationsseiten der EZB wird über die verschiedenen Möglichkeitsräume, die sich mit einem digitalen Euro in seinen unterschiedlichen Varianten eröffnen würden, so gut wie überhaupt nicht informiert. Die einzigen Akteure, die einige dieser Möglichkeitsräume ausmalen, sind rechte und euroskeptische Stimmen. Und die machen eben auch nur einen bestimmten Möglichkeitsraum

auf: den der totalen Überwachung als Bedrohungsszenario.

Jetzt zur Antwort auf Frage. Ich gebe hier nicht meine eigene Meinung wieder, sondern die der Bürger:innen, die wir in dem „Bürgergutachten digitaler Euro“ befragt haben. Das Bürgergutachten haben wir im Auftrag des Zentrum verantwortungsbewusste Digitalisierung (ZEVEDI) in Darmstadt durchgeführt. Im Fokus des Projekts standen Demokratiefragen einer öffentlich zugänglichen Zentralbankwährung.

Die Menschen, mit denen wir in unseren Workshops gesprochen haben, hatten eine starke Präferenz dafür, dass vor allem solchen Menschen, die es heute schwerer haben mit Bezahlen und die mit Finanzdienstleistungen eher schlechter versorgt sind, mit dem digitalen Euro Verbesserungen erfahren sollten. Wenn man das ernst nimmt, dann müsste die Entwicklung einer Low-Tech-Variante des digitalen Euro, die so funktioniert wie eine Bezahlkarte, und die man verwenden kann, ohne ein Bankkonto zu besitzen, Vorrang haben. Aktuell hat die Entwicklung einer solchen Varianten keinen Vorrang, und das wäre aus Sicht der Bürger:innen zu kritisieren.

Gegenwärtig fährt die AfD eine Kampagne gegen den digitalen Euro. In der Kampagne wird, ohne weitere Informationen, einfach für „Bargeld“ geworben. Damit sollen offenbar Personen, die um den digitalen Euro wissen, das Signal erhalten: Wir von der AfD sind gegen den digitalen Euro! Personen, die vom digitalen Euro noch nie etwas gehört haben und die mit der AfD grundsätzlich sympathisieren, können sich aber auch mit den Zielen der Kampagne verbinden. Viele, wenn nicht die meisten Menschen sind ja grundsätzlich für den Erhalt des Bargeldes.

Die beste Antwort auf diese Kampagne, die ich kenne, ist: „Du weißt die Vorzüge des Bargeldes zu schätzen? Der digitale Euro wird Dir helfen, dort, wo Du nur digital bezahlen kannst (z.B. im Internet) ein Zahlungsmittel zu verwenden, dass an Bargeld mehr heranreicht als alles andere, was uns aktuell praktisch zur Verfügung steht.

Ich halte das für ein sehr überzeugendes Argument. Die Designanforderung, die sich daraus ableitet, ist: der digitale Euro muss ein größtmögliches Level an Privacy bieten, womöglich sogar Anonymität, auch gegenüber staatlicher Kontrolle und Überwachung durch kommerzielle Dienstleister.

Prof. Felix Fuders

Universidad Austral de Chile, Vorstand INWO Deutschland

Akkordeon Inhalt

Auch jetzt haben wir im Grunde schon einen digitalen Euro. Schließlich finden heute die allermeisten Transkationen bargeldlos statt. Grundsätzlich stehen wir von der INWO digitalen Zahlungsformen aufgeschlossen gegenüber, solange es weiterhin möglich bleibt, anonym zu zahlen. Auch digital kann das theoretisch möglich sein. Das Gute an einem digitalen Euro ist, dass man im Vergleich zu Bargeld relativ einfach eine Hortungsgebühr (carrying cost / demurrage fee) einführen kann.

Wir stehen den aktuellen Entwürfen eines digitalen Euros relativ skeptisch gegenüber, da wir bezweifeln, dass anonymes Zahlen damit weiterhin möglich sein wird, obwohl es theoretisch möglich ist, ein bargeldloses, aber dennoch anonymes Zahlungssystem einzuführen. In diesem Fall sehen wir im digitalen Euro eine große Chance, die stetig wachsende Ungleichheit, die Nicht-Nachhaltigkeit unseres Wirtschaftens sowie Finanzkrisen vorzubeugen. Diese hängen mit der Hortbarkeit des Geldes zusammen, was leider nur von Wenigen erkannt wird. Hierzu ausführlich Fuders (2023).

Neben der Möglichkeit, anonym zu zahlen, sollte der digitale Euro mit einer Hortungsgebühr ausgestattet sein; denn nur dadurch lässt sich verhindern, dass der Zins notwendig ist, um Geld in Fluss zu halten. Der bekannte Ökonom Keynes beschrieb den Zins treffend als „Prämie für den Verzicht auf Liquidität“, also als Prämie dafür, das Geld nicht unter dem sprichwörtlichen Kopfkissen zu horten, sondern es auszuleihen oder zur Bank zu bringen, die es dann für uns ausleiht.

 

Der Zins aber lässt Bankeinlagen wachsen. Da es keinen Zins ohne Schuld gibt, muss die Gesamtverschuldung (Haushalte, Unternehmen + Staat) einer Volkswirtschaft im selben Rhythmus wachsen. Das ist der Grund, warum wir uns immer wieder mit Finanzkrisen konfrontiert sehen. Die Krise kommt dann, wenn die Banken es nicht schaffen, ausreichend solvente Kreditnehmer zu finden, um die stetig wachsenden Guthabenzinsen zu bedienen.

 

Die Tatsache, dass sowohl Guthaben wie auch Schulden stetig wachsen, ist aus unserer Sicht der Hauptgrund dafür, dass die Schere zwischen arm und reich (Zinsempfänger und -zahler) ebenfalls stetig wächst.

 

Die stetig wachsende Zinslast veranlasst Unternehmen, die Produktion stetig auszuweiten. Das gilt selbst für Unternehmen, die nicht verschuldet sind, da der Zins die Benchmark ist, anhand der der Erfolg eine jedweden produktivwirtschaftlichen Investition gemessen wird. Eine Investition, die nicht mindestens den Gewinn einbringt, den man auf der Bank bekommen würde, ist wirtschaftlich unrentabel. Stetes Wachstum führt aber zur steten Ausweitung des Ressourcenverbrauchs und ist nicht nachhaltig.

Raimund Dietz

Universitäts-Lektor, Systemforscher & Geldphilosoph

Akkordeon Inhalt

Währungen gibt es nur, weil es für jede Währung je eine zentrale Währungsinstanz gibt, die Fed, die Europäische Zentralbank, die Bank of England, usw. Digital ist die Währung, d.h. das für ein staatliches Territorium geltende Geld, weil es heute vor allem digital erzeugt, transferiert und verbucht wird. Bis vor Kurzem stellten die Zentralbanken dem Publikum aber nur Papiergeld und Münzen zur Verfügung. Je mehr diese Geldmaterialien im Zuge der Digitalisierung aus dem Verkehr verschwanden und durch Bankenbuchgeld ersetzt wurden, desto mehr verloren die Zentralbanken die Kontrolle über das Geldangebot, und desto mehr gerieten die staatlichen Souveräne in Abhängigkeit von den Banken und dem Finanzsystem. Dies kommt der Bürgergesellschaft teuer zu stehen, nicht nur, weil dieser die Gewinne aus der Geldschöpfung verloren gehen, sondern weil das System der geteilten „fraktionalen“ Geldschöpfung zu Krisen führt, die astronomische Summen verschlingen und Gesellschaften spalten.

Die Geldproduktion von Geschäftsbanken war systemisch nur so lange gerechtfertigt, solange die Zentralbanken technisch dazu nicht in der Lage waren. Heute sind sie es und könnten das digitale Bankengeld durch ein von ihnen emittiertes Geld ersetzen und durch sie oder eine von ihr beauftragte Instanz verwalten lassen. Digitales Zentralbankgeld wäre dem Bankengeld nicht nur technisch klar überlegen, sondern würde die gesamte Geldordnung viel transparenter und stabiler machen und die Ordnung, die einer liberalen Gesellschaft zugrundeliegt, stärken. Es würde der Gemeinschaft auch neue Einnahmen erschließen, die jetzt in den Bankensektor fließen und das gesamte Finanzsystem unnötig aufblähen.

Anstatt diesen längst fälligen Schritt zu gehen, scheinen die Zentralbanken, unter ihnen auch die EZB, alles daran zu setzen, das den Geschäftsbanken zugefallene Privileg der Geldschöpfung zu erhalten.

Dementsprechend sind die Initiativen zur Einführung von digitalem Zentralbankgeld zögerlich und in sich widersprüchlich. Anstatt das bisherige System überwinden zu wollen, will man es beibehalten – man will nur auch im digitalen Bereich “mitspielen”. Das aber ist zu wenig. Damit aber wird man nur vom Regen in die Traufe kommen.

Durch die Geldschöpfung der Geschäftsbanken entgehen den Gemeinwesen nicht nur wesentliche Einnahmen, sondern wird diesen infolge der Krisen, die mit der Privatgeldschöpfung einhergehen, hohe Kosten aufgebürdet. Durch die Finanzkrise 2007ff geriet die Weltwirtschaft sogar an den Rand des Abgrundes.

Ein Nebeneinander von digitalem Zentralbankgeld und Bankengeld macht das bestehende System nur noch instabiler als es jetzt schon ist, so dass die vorgeschlagenen Reformen die Zentralbanken völlig desavoieren könnten. Bisher hatten die Geschäftsbanken das Monopol auf Buchgeld, die Zentralbank auf Münzen und Papiergeld. Diese Aufteilung verlieh dem zweistufigen Geldsystem eine gewisse Stabilität. In dem Moment, in dem diese Aufteilung wegfiele, also das Publikum die Wahl zwischen Buchgeld der Zentralbank und Buchgeld der Geschäftsbanken hätte und auf Knopfdruck zwischen den beiden Geldtypen wechseln könnte, würden die Banken rasch in finanzielle Turbulenzen kommen. Um dem entgegenzuwirken, müssten die Zentralbanken den Geschäftsbanken unbeschränkten Zugang zu ihrem Geld garantieren, was aber das auf Eigenverantwortung beruhende Wirtschaftsystem ad absurdum führen würde.

Der Modus der Geldschöpfung muss den fundamentalen Prinzipien einer funktionierenden, liberalen Gesellschaft entsprechen. Derzeit bedroht er diese in ihrem Bestand. Eine liberale Gesellschaft besteht u.a. auf der Monopolisierung der Gewaltenausübung durch Staatsorgane. Das erhöht die Sicherheit und Bewegungsfreiheit der Bürger.

Entsprechendes gilt für die Geldordnung: Die Geldschöpfung gehört in die Hand eines einzigen Emittenten, in die Hand der Zentralbank. Dann hätten wir ein einstufiges, transparentes, gerechtes und sehr effizientes Geldsystem. Nur dem Souverän steht die Erzeugung von Geld aus dem Nichts und die daraus resultierenden Einnahmen zu. Die Produktion von Geld oder Ersatzgeld durch Private widerspricht dem Gleichheitsgebot. Die Geldschöpfung durch Geschäftsbanken ist im Übrigen nirgendwo gesetzlich geregelt.

Ein Vollgeldsystem, also eine Geldordnung, in der nur die Zentralbank Geld schöpft, entspräche auch dem Prinzip der Binarität: Zivilgesellschaften unterscheiden klar zwischen Hoheits- und Privatrecht. Auf die Geldordnung umgelegt heißt das: Es muss auch klar sein, was Geld und was Nichtgeld ist. Im jetzigen System ist die Geld- und die Kreditsphäre verquickt. Die Mehrheit der Geldtheoretiker unterstützt diese Verschlampung, indem sie Geld als Kredit definiert. In einem Vollgeldsystem läge die Geldschöpfung beim Staat, Kredite entstehen hingegen durch Verträge zwischen (freien) Wirtschaftssubjekten, ohne dass dabei auch Geld entsteht. Nur dann kann Geld auch die Funktion eines Ankers für die Realwirtschaft ausüben. Im jetzigen, gewachsenen System entsteht Geld mit einem Kredit und verschwindet, wenn er zurückgezahlt wird. Dieses System ist prozyklisch.

Weitere Stimmen aus dem Bundestag

Wir hatten im bisherigen Projektverlauf alle Parteien, Fraktionen und Pressestellen angeschrieben und um Ihre Stimmen zum Digitalen Euro gebeten. Einige Stimmen aus der Politik haben explizit auf unsere Fragen geantwortet. Diese sind oben entsprechend bereits eigens aufgeführt.

1. Plenardebatte im Deutschen Bundestag vom 04. Juli 2024

 Um ein breiteres Spektrum aus der Politik abzubilden, haben wir nachfolgend auf die Redebeiträge aus der Plenardebatte im Deutschen Bundestag vom 04. Juli 2024 mit aufbereitet. Die gesamte Sitzung finden Sie auch hier.

 

 

Frank Schäffler
FDP

Akkordeon Inhalt

Rainer Alois
CDU/CSU

Akkordeon Inhalt

Jan Oehl
SPD

Akkordeon Inhalt

Joana Cotar
Fraktionslos

Akkordeon Inhalt

Jörn König
AfD

Akkordeon Inhalt

Matthias Hauer
CDU/CSU

Akkordeon Inhalt

 

 

2. Plenardebatte im Deutschen Bundestag vom 08. November 2023

 Um ein breiteres Spektrum aus der Politik abzubilden, haben wir nachfolgend auf die Redebeiträge aus der Plenardebatte im Deutschen Bundestag vom 08. November 2023 mit aufbereitet. Die gesamte Sitzung finden Sie auch hier.

 

Jens Zimmermann
SPD

Akkordeon Inhalt

Antje Tillmann
CDU/CSU

Akkordeon Inhalt

Jörn König
AfD

Akkordeon Inhalt

Sabine Grützmacher
Die Grünen

Akkordeon Inhalt

Christian Görke
Die Linke

Akkordeon Inhalt

Rainer Alois
CDU/CSU

Akkordeon Inhalt

Joana Cotar
Fraktionslos

Akkordeon Inhalt

Armand Zorn
SPD

Akkordeon Inhalt

Nadine Heselhaus
SPD

Akkordeon Inhalt

Robert Farle
Fraktionslos

Akkordeon Inhalt

Dr. Volker Redder
FDP

Akkordeon Inhalt

Matthias Hauer
CDU/CSU

Akkordeon Inhalt

Mehr rund um den Digitalen Euro

Eine Analyse der Wahlprogramme aller Parteien bei der Europawahl 2024 zur Einführung eines digitalen Euros.

Ergänzend haben wir eine Übersicht zu wichtigen Dokumenten, Berichten und Stimmen zum Digitalen Euro zusammengestellt.

Der Digitale Euro: Ökonomen fordern sicheres Geld für Alle: Prominente Ökonomen fordern die Europäische Zentralbank und Europäische Kommission in einer gemeinsamen Erklärung auf, die Einführung des Digitalen Euros möglichst attraktiv und sicher zu gestalten.

Wichtige Argumente

Die Diskussion um Central Bank Digital Currencies (CBDCs) ist vielfältig und beinhaltet verschiedene Perspektiven und Interessengruppen. Hier sind einige wichtige Positionen und Argumente, die oft in der Debatte um CBDCs zu finden sind:

Befürworter von CBDCs

  • Finanzstabilität und Sicherheit : CBDCs bieten eine staatlich garantierte digitale Währung, die das Risiko von Bankenruns reduzieren könnte, da das Vertrauen in die Währung direkt an die Zentralbank gebunden ist.
  • Effizienz im Zahlungsverkehr : CBDCs könnten fast augenblickliche Transaktionen ermöglichen und die Kosten für die Wartung physischer Geldbestände reduzieren.
  • Stärkung der Geldpolitik : CBDCs könnten Zentralbanken ermöglichen, Zinsen direkt auf digitale Währungskonten anzuwenden, was eine präzisere Steuerung der Wirtschaft ermöglicht.
  • Bekämpfung von Finanzkriminalität : Durch die Nachverfolgbarkeit von Transaktionen könnten CBDCs helfen, Aktivitäten wie Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einzudämmen.
  • Neue Geschäftsmöglichkeiten : CBDCs könnten die Schaffung neuer Finanzprodukte und -dienstleistungen anregen, die auf der digitalen Währungsinfrastruktur aufbauen.
  • Förderung der digitalen Wirtschaft : Die Einführung von CBDCs kann die Akzeptanz digitaler Zahlungen erhöhen und die gesamte digitale Transformation des Finanzsektors beschleunigen.
  • Zugang zu Finanzdienstleistungen : CBDCs könnten Menschen ohne traditionelle Bankkonten Zugang zu sicheren und kostengünstigen Finanzdienstleistungen bieten.
  • Reduzierung von Transaktionskosten : CBDCs könnten die Kosten für Überweisungen und andere finanzielle Dienstleistungen senken, insbesondere in Entwicklungsländern.

Gegner von CBDCs

  • Privatsphäre und Überwachung : CBDCs könnten die Möglichkeit staatlicher Überwachung erhöhen, insbesondere wenn alle Transaktionen nachvollziehbar und auf Individuen zurückführbar sind. 
  • Datensicherheit : Die zentrale Natur von CBDCs könnte sie zu einem attraktiven Ziel für Cyber-Angriffe machen, was die Sicherheit der Vermögenswerte der Bürger gefährden könnte.
  • Wettbewerbsnachteile : CBDCs könnten die Rolle der Banken bei der Einlagenhaltung und Kreditvergabe untergraben und ihre Profitmargen reduzieren. 
  • Destabilisierung des Finanzsystems : In Krisenzeiten könnten schnelle Übertragungen von Bankguthaben in CBDCs zu einer Destabilisierung des Bankensektors führen (Bankenrun in digitaler Form).
  • Sicherheitsrisiken : Die technologische Infrastruktur für CBDCs muss extrem robust sein, um Angriffe abzuwehren und gleichzeitig Skalierbarkeit und Leistung zu gewährleisten.
  • Komplexität und Skalierbarkeit : Die Entwicklung eines CBDC-Systems, das Millionen von Transaktionen sicher und effizient verarbeiten kann, stellt eine erhebliche technische Herausforderung dar 
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