Das diesjährige Vollgeld-Wochenende des Monetative e.V. wurde bereits am Freitag, den 05. April, mit einer hochkarätigen Podiumsdiskussion eröffnet. Unter dem Titel “Zukunft der Banken – Geldreform statt Schattenbanken” fand in der GLS Bank Berlin eine lebendige wie spannende Debatte statt.
Trotz des sonnigen Wetters hatten sich fast 100 interessierte Gäste zusammengefunden, die sich aus einigen „Experten“, aber vor allem auch aus zahlreichen TeilnehmerInnen mit unterschiedlichem Hintergrund und Vorkenntnissen zusammensetzten.
Den ersten inhaltlichen Impuls setzte Jonathan McMillan, Investmentbanker & Inkognito-Autor von „The End of Banking“, mit einem anschaulichen Vortrag zu seiner „systemischen Solvenzregel“, die er als Antwort auf die falsch gesetzten Anreize im bestehenden Bankwesen vorschlägt. Die staatlichen Regulierungsbemühungen seien zwar gemessen an den Seitenzahlen in den letzten Jahrzehnten massiv angestiegen, aber die systemischen Risiken im gegenwärtigen Geldsystem bestehen nach wie vor. Diese bedingen staatliche Garantien und Privilegien und erzeugt weiterhin kollektive Tendenz zur „exzessiven Risikonahme“ (moral hazard), welche dann letzten Endes von der Gemeinschaft getragen werden müssen.
Sein Vorschlag einer systemischen Solvenzregel fußt auch auf der Prämisse, dass eine effektive Regulierung der Banken in diesem Systemrahmen unmöglich sei. Die systemische Solvenzregel soll verhindern, dass Banken sowie Nicht-Banken höhere Verbindlichkeiten eingehen als sie Realkapital vorhalten. In der Folge würde die private Geldschöpfung der Geschäftsbanken und gleichzeitig die Erzeugung weiterer Geldsurrogate aus dem Schattenbanken-Sektor (Geldmarktfonds) verhindert und systemische Schieflagen wären in der Konsequenz ausgeschlossen.
Im Anschluss wurde von der Moderatorin Beate Krol mit einem Einführungs-Video zu Schattenbanken in die Diskussionsrunde mit den weiteren PodiumsteilnehmerInnen übergeleitet. Dabei entwickelte sich eine offene sowie spannende Debatte um die Frage Regulierung oder Reform des Banken- und Finanzsektors. Werner Landwehr, von der gastgebenden GLS Bank Berlin, betonte eingangs, dass Geld aktuell nicht wirklich dem Zusammenhalt der Gesellschaft diene. Auf der Metaebene könne diese grundsätzliche Problematik nur durch eine erhöhte Glaubwürdigkeit und Transparenz der Akteure adressiert werden. Kristina Jeromin, Head of Group Sustainability bei der Deutschen Börse, plädierte dafür, verschiedene Akteure in den Blick zu nehmen, da das Finanzwesen mehr umfasse als nur das Bankwesen. Da Systeme menschengemacht und zwangsläufig auch fehlerbehaftet sind, müsse der Fokus darauf liegen zu diskutieren, wie Wertschöpfung in Einklang mit ökologischen und sozialen Aspekten gebracht werden kann. Debatten, die lediglich die Profiteure und Verlierer behandeln, würden keine neuen, wünschenswerte Impulse freisetzen.
Prof. Joseph Huber fasste die Problematik der Geldschöpfung durch private Banken zusammen und stellte die wichtigsten Auswirkungen einer Vollgeldreform dar. In vielen Punkten teilten die TeilnehmerInnen eine einheitliche Sichtweise auf die problematische Konzeption des Geldes in seiner aktuellen Verfassung und ergänzten dabei unterschiedliche Perspektiven und Schwerpunkte auf der Suche nach Lösungen. McMillan vertrat die Position, dass Vollgeld als Lösungsansatz primär das Buchgeld-Bankwesen adressiere, jedoch die Geldschöpfung der Schattenbanken noch unzureichend. Prof. Huber entgegnete, dass die meisten Schattenbanken kein Geld schöpfen, sondern sie als Zweckgesellschaften mit neuen Verbriefungsformen handeln, durch deren Vertrieb angelegtes Kapital vor Endfälligkeit liquidiert wird. Das beschleunigt die finanzwirtschaftliche Zirkulation von Geld – i.d.R. Banken-Giralgeld oder Geldmarktfondsanteile (GMFs) – und wirkt wie mehr Geld, ist aber keine Geldschöpfung. Dagegen handelt es sich bei GMFs tatsächlich um ein neues Geldsurrogat, das als depositenartiges Zahlungsmittel in großem Umfang vor allem im Finanzsektor benutzt wird. GMFs beruhen aber weitgehend auf Banken-Giralgeld. Von daher ist eine Vollgeldreform auch die Grundlage dafür, GMFs unter Kontrolle zu bekommen.
Trotz einer im Detail unterschiedlichen Definition von Geld bei den Autoren von “The End of Banking” sowie offen angesprochenen Differenzen wurde am Ende von McMillan nochmals betont, dass die gesellschaftliche Bedeutung des Geldes und die damit verbundenen Problematiken in der Analyse weitgehend unstrittig seien. Wichtig sei es, gemeinsame Positionen zu finden, um für die nächste Krise gestalterische Schlagkraft zu entwickeln. McMillan berichtete, dass im Finanzsektor hinter vorgehaltener Hand allen gewiss ist, dass ein nächster großer Crash bevorsteht, lediglich unsicher sei wann:
“Wir dürfen die nächste Krise nicht wieder verschwenden”.
Diese Zusammenfassung des Abends und der weiteren Aufgaben fand bei DiskutantInnen und Publikum große Zustimmung. Woraufhin die Veranstaltung mit vertiefenden, intensiven Gesprächen im kleineren Rahmen langsam ausklang. Dabei wurde die Arbeit des eingeladenen Graphic Recorders Robin Hotz als Diskussionsanstoß und Übersicht der behandelten Aspekte intensiv genutzt.