FAQ: Vollgeld
- Kritik und Missverständnisse
Wenngleich auch einige andere Banken- und Finanzmarktreformen sinnvoll wären, ist die Vollgeldreform für viele Probleme die direkteste und einfachste Lösung. Die Vollgeldreform geht dem Grundproblem, der Geldschöpfung durch private Banken, auf den Grund statt an Symptomen herumzudoktern. Im gegenwärtigen Geldsystem hängt die ganze Wirtschaft am Tropf der Banken und trotz der Finanzkrise haben sich daher bisher nur völlig unzureichende Reformen der Finanzmärkte umsetzen lassen. Außerdem ist zu bedenken, dass es viele der heute wieder diskutierten Reformen vor ein paar Jahrzehnten noch gegeben hat, aber diese dann unter dem Druck der Bankenlobby nach und nach aufgeweicht wurden. Eine Vollgeldreform ändert die Spielregeln grundlegend, stellt das Haftungsprinzip wieder her und ließe sich im Gegensatz zu anderen Reformen kaum verwässern oder wieder schleichend rückgängig machen.
Diese Kritik bezieht sich auf die staatlichen Bankenrettungen im Verlauf der großen Finanzkrise ab 2008 und postuliert, dass Banken nur aufgrund des Lobbydrucks der Banken gerettet wurden, es aber im Grunde keine politische Notwendigkeit dafür gab.
Es ist jedoch zu bedenken, dass die Insolvenz einer Großbank mit einer Bilanzsumme in Höhe z.B. der Bilanzsumme der Deutschen Bank, dazu führen würde, dass deren gesamter Zahlungsverkehr eingefroren werden müsste. Dies hätte erhebliche Probleme für sehr viele wirtschaftliche Akteure zur Folge gehabt und potenziell die Wirtschaft lahmgelegt. Hätte man Bankpleiten in Kauf genommen, hätten zudem alle Gläubiger der Banken die Verluste tragen müssen, und dazu zählen eben auch alle Bürger, die ein Konto bei der Bank haben, und bei einer Überforderung der Einlagensicherung letztendlich dann doch der Staat. Es wären damit auch erhebliche Teile des Volksvermögens aufgelöst worden, was die Geldmenge und die Nachfrage verringert und die Wirtschaft in eine tiefe Depression gestürzt hätte. Außerdem wäre der Interbankenmarkt, an dem sich Banken kurzfristig gegenseitig Gelder leihen, zusammengebrochen. Dies hätte zu weiteren Verwerfungen geführt. Bereits kleine Schwankungen können dann zu weiteren Bankpleiten führen, was angesichts der Vernetzung im Bankensystem die Gefahr eines Dominoeffekts birgt.
Darüber hinaus besteht im gegenwärtigen Geldsystem die immanente Gefahr von Bank-Runs, da Banken für Giralgeld-Guthaben die sofortige Auszahlung in Bargeld versprechen, das sie aber nicht in ausreichender Menge vorrätig haben. Wenn Bürger nicht mehr auf die Sicherheit ihrer Einlagen vertrauen, können daher sich selbst erfüllende Prophezeiungen durch Bank-Runs die Folge sein: Wenn Bürger erwarten, dass ihre Bank Pleite geht und nicht vom Staat gerettet wird, werden sie versuchen, ihr Geld rechtzeitig abzuheben. Geschieht dies in großem Umfang, muss die Bank, um an Bargeld zu kommen, kurzfristig Vermögenswerte unter Wert verkaufen und kann dadurch in die Insolvenz geraten.
Überhaupt nicht! Vollgeld ist im Kern nichts Neues, sondern weitet das vor ca. 100 Jahren beschlossene staatliche Monopol auf Banknoten auf das elektronische Buchgeld/Giralgeld aus und passt das Geldsystem somit an die digitale Entwicklung an. Technisch gesehen wird «privates» durch «öffentliches» Buchgeld ersetzt. Das bestehende Banknotenmonopol ist allgemein akzeptiert und niemand sieht darin ein Problem. Somit gibt es auch keine echten Argumente gegen die Ausweitung des Geldmonopols auf das heute üblich gewordene elektronische Buchgeld.
Für den einzelnen Bankkunden ändert sich außerdem nur sehr wenig. Durch eine Übergangsphase werden viele Auswirkungen erst nach und nach eintreten und erlauben damit bei Bedarf eine Kurskorrektur bzw. Gegenmaßnahmen. Die Vollgeldreform ist harmlos im Vergleich zu einigen anderen Maßnahmen der Zentralbanken in den letzten Jahren: Quantitative Easing, Bankenrettungen, Negativzinsen, ein ausuferndes Regulierungswerk.
Mit Vollgeld kann die Bankenregulierung grundlegend vereinfacht werden. Statt mit immer mehr Gesetzen und Regulierungen die Symptome zu bekämpfen, wird das Problem endlich an der Wurzel angegangen: Risikoreiche Geschäfte können nicht mehr mit selbst geschaffenem Geld finanziert werden. Vollgeld ermöglicht so auch einen Abbau der Bürokratie im Bankensystem.
Hinter diesem Einwand steht die Überlegung, dass die staatliche Einlagensicherung in der EU bereits jetzt alle Kundeneinlagen bis 100.000 € garantiere und daher Giroguthaben auch bei Bankpleiten sicher seien. Die Einlagensicherung weist aber durch einen Konstruktionsfehler eine unzureichende Absi-cherung auf. Diejenigen, die für die Sicherung der Einlagen aufkommen sollen, sind nämlich die Banken selbst. Dazu sei angemerkt, dass der Einlagensicherungsfonds der Banken ge-genwärtig lediglich ca. 50 Mrd. € umfasst und damit nur einen Ausfall von ca. 1% der Einla-gen absichern kann. Wenn diese Summe nicht ausreicht, müssen die anderen Banken wei-tere Gelder bereitstellen. Die Pleite einer einzelnen Bank kann damit zwar abgefedert werden, in einer Finanzkrise können jedoch die anderen Banken, die dann selbst unter der Krise leiden, nicht auch noch die Einleger anderer Banken auszahlen, so dass schnell wieder der Staat einspringen muss.
Zudem ist zu bedenken, dass die Haftungsgrenze von 100.000 € für die meisten Bürger zwar ausreichend ist, aber insbesondere für Unternehmen schnell ein Problem werden kann. Ohne Vollgeld steht den Unternehmen keine Alternative zur Bankeinlage zur Verfügung, Geld liquide aufzubewahren, um damit Lieferanten und Mitarbeiter bezahlen zu können. Damit es bei einer Bankpleite also nicht zur Ansteckung der Realwirtschaft kommt, muss dann entwe-der gleich die ganze Bank gerettet oder die Haftungsgrenze ausgeweitet werden. Das Haf-tungsprinzip der Einheit von Risiko und Gewinn ist dann vollends außer Kraft gesetzt – Ge-winne werden privatisiert und Verluste sozialisiert.
Wenn Banken die Gewinne einstreichen, im Krisenfall dann aber darauf vertrauen können, dass Verluste vom Staat übernommen werden, dann erzeugt dies den Anreiz, besonders ris-kante Geschäfte einzugehen. In ähnlicher Weise haben auch Bankkunden kaum Anreize zu überprüfen, ob ihre Bank risikoreiche Spekulationen betreibt oder nicht – wenn die Einlagen in jedem Fall vom Staat garantiert werden, sucht man sich einfach die Bank, welche die höchste Verzinsung bietet.
Mit einer Vollgeldreform würden Giroeinlagen aus der Bankbilanz ausgegliedert und in den vollen Besitz des Kunden übergehen. Sie wären damit sicher vor Bankpleiten. Damit würden die oben genannten Probleme und Fehlanreize komplett aufgehoben und das Haftungsprinzip wieder hergestellt.
Diese Kritik folgt der Überlegung, dass das jetzige System nicht auf die Einlagen von Sparern angewiesen ist und somit theoretisch zu jedem Zeitpunkt die Kreditnachfrage bedienen kann. Ein Vollgeldsystem hingegen setze ausreichende Ersparnisse voraus und die Zentralbank sei nicht flexibel genug, um schnell genug auf Veränderung der Nachfrage zu reagieren. Deshalb werde es zu Kreditverknappungen kommen, was wiederum der Wirtschaft schade. Zunächst wird hiermit die Flexibilität der heutigen Giralgeldschöpfung in unrealistischer Weise idealisiert. Die einerseits exzessive Kreditvergabe im Boom mit der Folge von Vermögensblasen und die Kreditklemme in der nachfolgenden Krise werden unterschlagen.
In einem Vollgeldsystem gäbe es beides nicht mehr in dieser Ausprägung, sondern es wäre zu erwarten, dass sich die Kreditvergabe verstetigt und bei wirtschaftlichen Fehlentwicklungen wesentlich früher gegengesteuert werden kann. Außerdem fließt im gegenwärtigen Geldsystem ein Großteil der Kredite nicht in die Realwirtschaft sondern in Spekulation. Darauf kann die Wirtschaft aber getrost verzichten. Bei der Umstellung auf Vollgeld wird lediglich das bestehende Giralgeld der Banken in Buchgeld der Zentralbank umgewandelt. Es bleibt gleich viel Geld im Umlauf. Deshalb haben die Banken viele Möglichkeiten zukünftige Kredite an Kunden zu finanzieren:
- Das Geld aus der Tilgung bestehender Kredite kann neu vergeben werden.
- Die Banken können neue Spargelder einwerben oder Bankanleihen begeben.
- Sie können sich von anderen Banken oder vom Geld- und Kapitalmarkt Geld leihen.
- Soweit der Staat durch den Umstellungsgewinn der Vollgeldreform seine Schulden tilgt, können die bisherigen Halter von Staatsanleihen ihr Geld den Banken anbieten.
- Bei Bedarf kann die Zentralbank auch in einem Vollgeldsystem zusätzliche Darlehen an die Banken vergeben, um die Kreditvergabe zu fördern.
- Der technische Fortschritt und die Digitalisierung haben bereits viele neue Formen der Darlehensvergabe unter Privatpersonen sowie das Crowdfunding hervorgebracht. Es ist zu erwarten, dass solche Finanzierungsformen in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen und ein zunehmender Teil des Finanzierungsbedarfs der Wirtschaft ohne die Mitwirkung von Banken befriedigt werden kann.
In einem Vollgeldsystem wird der Zinssatz weitgehend zu einem Marktinstrument, das Kreditangebot und Kreditnachfrage ins Gleichgewicht bringt. Ein Argument für einen niedrigen Zinssatz wäre, dass das Vollgeldsystem insgesamt mehr Stabilität und Sicherheit bieten würde. Die Kritik des steigenden Zinssatzes setzt wiederum eine Verknappung der verfügbaren Einlagen zur Kreditvergabe voraus, z.B. dadurch, dass Sparer aufgrund der nicht mehr vorhandenen Einlagensicherung nur bei einem hohen Zinssatz bereit sind, ihr Geld einer Bank anzuvertrauen. Man darf aber annehmen, dass die Banken für risikoscheue Anleger abgesicherte Anlageformen mit besonders geringem Risiko anbieten werden, die dann naturgemäß eine geringere Rendite erbringen.
Wie sich der Gleichgewichtszins bei einer Vollgeldreform wirklich entwickelt, hängt von den Erwartungen und Entscheidungen der Sparer und Investoren ab und lässt sich daher nicht vorab feststellen. Jedoch hätte die Zentralbank bei unerwünscht großen Schwankungen die Möglichkeit gegenzusteuern, indem sie den Banken zusätzliches Geld in Form von Darlehen zur Verfügung stellt, die Geldschöpfung reduziert oder ihre Offenmarkt-Aktivitäten entsprechend anpasst.
Das Problem eines Missbrauches der Geldschöpfung durch den Staat kann durch die Einbettung der Zentralbank in ein demokratisch legitimiertes Regelwerk als unabhängige vierte Gewalt („Monetative“) verhindert werden. Die Monetative ist dabei an klare geldpolitische Ziele und das Gesetz gebunden und wird neues Geld daher nur als Folge ihrer selbständigen Geld- und Währungspolitik schaffen. Die Geldpolitik der Zentralbank muss dem Gesamtinteresse des Landes dienen. Sie steuert die Geldmenge, gewährleistet die Preisstabilität und sorgt dafür, dass weder Geldknappheit noch Geldschwemme entstehen. Es ist damit ausgeschlossen, dass die Monetative exzessiv Geld schöpft, um den Wünschen von Parlament oder Regierung nachzukommen, wenn dies gegenwärtig nicht der Erfüllung ihrer Zielvorgaben (z.B. Preisstabilität, Vollbeschäftigung) dient.
Der Vorwurf des Missbrauchs scheint generell auch wenig bedenklich in entwickelten und demokratisch organisierten Volkswirtschaften. Historische Hyperinflationen waren in der Regel nicht primär das Problem von staatlichem Missbrauch, sondern eher das Symptom einer zusammenbrechenden Wirtschaft etwa durch Kriegsfolgen, Finanzkrisen etc. Historisch gibt es auch durchaus funktionierende Beispiele für staatliche Geldschöpfung, die verantwortungsvoll vollzogen wurde, z.B. der amerikanische Greenback.
Deflation entsteht, wenn in Relation zum Angebot an Waren und Dienstleistungen zu wenig nachfragewirksames Geld im Wirtschaftskreislauf fließt und dadurch das allgemeine Preisniveau sinkt. Dies ist jedoch in einem Vollgeldsystem keineswegs zu erwarten, da die Zentralbank/Monetative direkt und sofort zusätzliches Geld schaffen könnte, um solchen Entwicklungen entgegenzuwirken. Neues Geld könnte sowohl über Staatsausgaben als auch über eine Bürgerdividende („Helikoptergeld“) in das System fließen – je nachdem, wie das Mandat der vierten Gewalt ausformuliert ist und was diese von Fall zu Fall für sinnvoll erachtet. Eine Deflation wäre daher nur bei schwerwiegendem Versagen der Zentralbank möglich, d.h. wenn sie ihrem gesetzlichen Auftrag nicht nachkommt. Im gegenwärtigen Geldsystem hingegen ist es der Zentralbank nicht direkt möglich, die Geldmenge zu beeinflussen. Deshalb wurde das Inflationsziel in der EU in den letzten Jahren nicht erreicht, so dass Deflation droht und in manchen Ländern bereits eingetreten ist.
Die Macht der entstehenden Zentralbank würde in einem Vollgeldsystem beschränkt durch ein demokratisch legitimiertes Regelwerk und kontrolliert durch die anderen drei staatlichen Organe. Die Zentralbank hätte direkte Einflussmöglichkeiten auf die Geldmenge und bei Machtmissbrauch oder Fehlverhalten wäre als direkte Folge Deflation oder Inflation offensichtlich zu verzeichnen und es könnten entsprechende personelle Konsequenzen gezogen werden. Außerdem ist zu bedenken, dass die gegenwärtige Zentralbank durch die systemimmanente Bank-Run Problematik in dem Dilemma steckt, insbesondere Bankpleiten und Krisen zu vertuschen, da sonst ein Systemzusammenbruch droht. Aus diesem Grund agieren die heutigen Zentralbanken üblicherweise verdeckt und intransparent. Im Vollgeldsystem wäre diese systemische Instabilität nicht mehr gegeben und Zentralbanken könnten sehr viel transparenter auftreten.
Wir sehen das jetzige System mit dezentralen, sehr mächtigen Bankinstitutionen als hochgradig demokratieschädigend an. Banken, die das mächtige Privileg der Geldschöpfung haben, sind einerseits nicht dem Allgemeinwohl verpflichtet, sondern handeln in der Mehrzahl nur nach gewinnmaximierenden Grundsätzen. Andererseits bestimmen die Banken, wo das Geld hinfließt. Damit entscheiden sie über einen erheblichen Teil unserer gesellschaftlichen Entwicklung.
In einem Vollgeldsystem, in dem neu geschöpftes Geld primär über Staatsausgaben in Umlauf gebracht wird, sind die Voraussetzungen für eine Lenkung dieses Geldes in gesellschaftlich wünschenswerte Bereiche wesentlich besser.
Richtig ist, dass die Geldschöpfung verstaatlicht wird, was aus besagten Gründen als Mehrwert für die Demokratie anzusehen ist. Dabei soll die Zentralbank/Monetative jedoch nur über die optimale Geldmenge entscheiden, also sowohl Geldschwemme als auch Geldknappheit verhindern und dafür sorgen, dass der Zahlungsverkehr auch in Krisenzeiten reibungslos funktioniert. Die Entscheidung über die Geldverwendung bleibt beim Staat und die Kreditvergabeentscheidung bleibt bei den Banken. Vollgeld hat daher nichts mit Planwirtschaft zu tun. Eine Vollgeldreform ist Ordnungspolitik, durch die sinnvolle Rahmenbedingungen hergestellt werden, innerhalb derer die Wirtschaftsakteure dann weitgehend unbehelligt agieren können. Mit Vollgeld könnten daher viele andere höchst bürokratische Finanzmarktreformen und Vorschriften (z.B. Basel III, Einlagensicherung) vereinfacht oder abgebaut werden. Das jetzige System tendiert in die gegenteilige Richtung: Keine sinnvollen Rahmenregeln und haufenweise bürokratische Vorschriften, um nachzubessern und auf Symptome einzuwirken.
Vollgeld fördert damit eine faire Marktwirtschaft und freien Wettbewerb. Da die Banken elektronisches Buchgeld bisher selbst herstellen können, sind diese heute gegenüber anderen Unternehmen im Markt im Vorteil. Eine solche Wettbewerbsverzerrung passt nicht zu einer freien Marktwirtschaft. Die Vollgeldreform schafft wieder gleiche Bedingungen für alle Unternehmen – auch für die der Finanzbranche.
Diese Kritik setzt voraus, dass der freie Markt automatisch die optimale Geldmenge für die Wirtschaft hervorbringen kann. Doch selbst wenn es stimmen würde, dass Banken im Kollektiv über bessere Informationen als eine staatliche Institution verfügen, besteht das fundamentale Problem darin, dass Banken als gewinnmaximierende Unternehmen kein Interesse daran haben, die volkswirtschaftlich optimale Geldmenge zu schöpfen. Vielmehr schöpfen sie die Menge, die ihren Gewinn maximiert – im Boom zu viel und in der Krise zu wenig. Nur eine Institution, die dem Gemeinwohl und den Gesetzen verpflichtet ist, kann mit der Bereitstellung einer gesellschaftlich optimalen Geldmenge beauftragt werden. Daher gilt: Besser ungefähr richtig als präzise falsch.
Außerdem ist Geld in einer arbeitsteiligen Gesellschaft eine Existenzbedingung und notwendige wirtschaftliche Infrastruktur. Geld sollte daher vom Staat im Auftrag der Bürgerinnen und Bürger herausgegeben werden, denn ohne Geld gibt es keinen Marktzugang und ohne Marktzugang keine Existenzmöglichkeit, sowohl auf Seiten der Konsumenten als auch auf Seiten der Produzenten. Deshalb brauchen wir ein staatlich geregeltes Geldwesen, das allen Beteiligten einen sicheren und fairen Zugang zu Geld und zum Zahlungsverkehr gewährleistet. Geld wird zum öffentlichen Gut.
Free Banking heißt, dass alles Geld von privaten Unternehmen hergestellt und die Zentralbank abgeschafft wird. Wir hätten dann vielleicht Apple-Geld, Google-Geld, Deutsche-Bank-Geld usw. Zwischen diesen verschiedenen Währungen würden sich Wechselkurse bilden und laut den Verfechtern des Free Banking würden sich die besten und stablisten Währungen im Wettbewerb durchsetzen. Free Banking denkt jedoch zu kurz, denn Währungen sind ein natürliches Monopol – wie bei sozialen Netzwerken mit Facebook würde sich nach kurzer Zeit eine Währung herausbilden und andere schnell vom Markt verdrängen. Dieser Währung wären die meisten Bürger ausgeliefert und dem Missbrauch durch den „Hersteller“ wäre Tür und Tor geöffnet. Die durchsetzungsstärksten Unternehmen würden von der Geldschöpfung profitieren. Geräten diese Unternehmen in Schieflage, wäre der Staat gezwungen, sie zu retten, um den Zahlungsverkehr sicherzustellen.
Im 19. Jahrhundert gab es in den USA Free-Banking mit über 1000 Währungen. Es war ein El Dorado für Geldfälscher und Bankrotteure. Deshalb wurde das Papiergeld in fast allen Ländern der Welt verstaatlicht. Dasselbe muss nun mit dem digitalen Geld erfolgen.
Für Verfechter von Lokalwährungen sei noch ergänzt, dass eine Vollgeldreform andere Währungen durchaus zulässt – die Hauptsache ist, dass es ein übergeordnetes gesetzliches Zahlungs¬mittel gibt, das vom Staat herausgegeben wird.
Erstens ist fraglich, wieso Wirtschaftsakteure auf Geldsubstitute ausweichen sollten, wenn keine Geldknappheit herrscht. Aber selbst wenn nach einer Vollgeldreform alternative Zahlungsmittel entstehen sollten, wäre mit dem Vollgeld trotzdem ein staatliches Zahlungsmittel als sichere Alternative vorhanden. Wer sich trotzdem auf andere Geldformen einlässt, trägt dann auch das Risiko von Verlusten/Missbrauch und wird nicht vom Staat gerettet werden – das Haftungsprinzip wäre verwirklicht. Entsteht beispielsweise eine Kreditblase durch neue Geldsubstitute, so tragen die „Mitspieler“ die Verluste, wenn die Blase platzt. Außerdem wäre es für die meisten Bürger sehr unpraktisch, verschiedene Währungen zu halten. Sie würden sich daher auf das staatliche Geld beschränken, in dem sie auch ihre Steuern und andere Abgaben zahlen müssten.
Im großen Ganzen ist es daher sehr unwahrscheinlich, dass sich nach einer Vollgeldreform Geldsubstitute in bedeutendem Ausmaß durchsetzen würden.
Wird erwartet, dass durch Vollgeld die Finanzmarkt–stabilität und allgemeine Sicherheit erhöht wird, würde wahrscheinlich vermehrt Kapital zufließen. Wenn erwartet wird, dass Vollgeld schlecht für die Wirtschaft ist, könnte Kapitalflucht die Folge sein. Allzu große Auswirkungen auf den internationalen Kapitalverkehr sind aber nicht zu erwarten. Im Extremfall müsste zu Kapitalverkehrskontrollen gegriffen werden. Dies gilt jedoch für das heutige Geldsystem in gleicher Weise. Da extreme Kapitalflüsse in der Regel spekulativer Natur sind und mittels Kreditgeldschöpfung gehebelt werden, ist eher zu erwarten, dass eine Vollgeldreform die Kapitalflüsse verstetigen und stärker an die realwirtschaftlichen Bedürfnisse anbinden wird.
Monetarismus bezeichnet die Doktrin, dass die Geldmenge die wichtigste Zielgröße zur Steuerung von Preisstabilität ist, konnte sich historisch jedoch nicht bewähren. Der Monetarismus wurde von Milton Friedman als Alternative zum nachfrageorientierten Keynesianismus postuliert. Vor allem „Keynesianische“ Ökonomen haben daher große Vorbehalte gegen alles, was irgendwie nach Monetarismus oder Geldmengensteuerung klingt.
Die Geldsteuerung in einem Vollgeldsystem ist jedoch nur oberflächlich mit der monetaristischen Geldpolitik der 1980er Jahre vergleichbar. Damals versuchte man, über eine Steuerung der Geldbasis (Bargeld + Zentralbankgeld) das Wachstum der Gesamtgeldmenge zu steuern, was auf der unzutreffenden Theorie des Geldmengenmultiplikators beruhte. Da der Geldmengenmultiplikator davon ausgeht, dass Banken Einlagen weiterverleihen und dabei multiplizieren, verwechselt er Ursache und Wirkung. Durch eine Kontrolle der Geldbasis kann die Zentralbank die Kreditgeldschöpfung der Banken jedoch weder effektiv einschränken noch effektiv anregen. Daher konnte das Ganze nicht funktionieren.
Bei einer Vollgeldreform würde die Zentralbank/Monetative bei ihrer Geldpolitik nicht an einem starren Geldmengenziel festhalten, sondern lediglich die Geldmengenanpassung als Hauptinstrument verwenden. Dabei hätte sie auch direkte Einflussmöglichkeiten auf die Geldmenge: Wenn beispielsweise die Geldmenge durch eine Übertragung an die Staatskasse erhöht wird, fließt zusätzlich geschöpftes Geld über die Staatsausgaben direkt in die Wirtschaft und kann damit sofort einen wirksamen Impuls auf die Nachfrage ausüben. Entscheidend ist dabei auch, wofür das zusätzliche Geld verwendet wird. Gegenwärtig schaffen die Zentralbanken mittels „Quantitative Easing“ zwar große Mengen an Geld, die jedoch fast ausschließlich in Vermögenswerte investiert werden und damit nur eine neue Finanzmarktblase aufhebeln, in der Realwirtschaft aber nicht ankommen. Daraus zu schließen, dass die Geldmenge im Allgemeinen keinerlei Auswirkungen auf die Nachfrage und die Preise von Verbrauchsgütern hat, ist jedoch zu kurz gedacht.
Nein, Vollgeld ist keine Rückkehr zum Goldstandard!
Der Goldstandard ist historisch gesehen überholt. Gold und Silber waren die entwickelte Form von Warengeld in traditionalen Gesellschaften. In der modernen Gesellschaft ist Geld inzwischen nur noch informationeller Natur, also reines Zeichengeld. Es wird weltweit von den dazu autorisierten Zentral- und Geschäftsbanken buchstäblich aus dem Nichts in die Bücher geschrieben. Eben deshalb ist es im Hinblick auf die Geldmenge von so großer rechtlicher und ökonomischer Bedeutung, dass es jemanden gibt, unter dessen vollständiger Kontrolle und Verantwortlichkeit die Geldschöpfung stattfindet.
Geld kann grundsätzlich nicht durch anderes Geld gedeckt werden. Die reale Deckung des Geldes drückt sich in der Kaufkraft des Geldes aus und entsteht aus der Produktivität der Wirtschaft. Sie besteht im Gegenwert des laufend erstellten Wirtschaftsprodukts. Geld repräsentiert nur in dem Maße einen Wert, wie ihm durch das laufend produzierte BIP ein Gegenwert in Form von Gütern und Dienstleistungen gegenübergestellt wird. Eine Verankerung der Geldmenge an Gold stellt deshalb auch eine unsinnige Beschränkung dar.
Nein, Banken werden bei einer Vollgeldreform nicht verstaatlicht! Banken bieten in einem Vollgeldsystem dieselben Dienstleistungen an wie heute: Zahlungsverkehr, Kreditvergabe und Vermögensverwaltung. Sie können nun lediglich kein eigenes elektronisches Buchgeld mehr erzeugen, sondern müssen mit Vollgeld operieren, das sie selbst am Finanzmarkt erwirtschaften oder von Kunden aufnehmen.
Die Vollgeldreform strebt einzig eine “Verstaatlichung” der Geldschöpfung/Geldherstellung an und nicht eine Verstaatlichung der Kreditvergabe, also dem Verleih bzw. Vermitteln von Geld. Es geht um die Bereitstellung der für die Realwirtschaft erforderlichen Gesamtgeldmenge. Die Zentralbank/Monetative vergibt auch in einem Vollgeldsystem keine Kredite an Unternehmen oder Private. Das schließt nicht aus, dass es „staatliche“ Banken gibt, die zwar im Auftrag des Staates handeln, jedoch keinen Zugriff auf die Geldschöpfung haben.
Vollgeld fördert das traditionelle und solide Bankgeschäft mit der Realwirtschaft. Mit Vollgeld können Banken rentabel und langfristig nachhaltig arbeiten, denn weiterhin erfüllen sie für die Gesellschaft die wichtigen Funktionen des Zahlungsverkehrs, der Kreditvergabe und diverser Finanzdienstleistungen. Eine Vollgeldreform zwingt die Banken jedoch, in den Wettbewerb mit Nichtbanken zu treten und fördert damit auch Innovationen.
Es ist richtig, dass Deutschland als Mitglied in der Euro-Zone nicht auf eigene Faust eine Vollgeldreform umsetzen kann. Das geht nur mit der ganzen Euro-Zone zusammen oder indem Deutschland die Euro-Zone verlässt. Daher ist es sicherlich deutlich wahrscheinlicher, dass eine Vollgeldreform zuerst von einem Land mit souveräner Währung umgesetzt wird, wie z.B. der Schweiz, Kanada oder Island. Dies ist jedoch kein Grund, sich nicht schon jetzt in Deutschland für eine Vollgeldreform stark zu machen, denn politische Reformen brauchen ihre Zeit. Falls durch eine weitere große Krise plötzlich der politische Wille zu größeren Finanzmarktreformen da ist, muss der Reformvorschlag gut vorbereitet sein und „fertig in der Schublade liegen“. In diesem Zusammenhang spielt die Vernetzung mit anderen internationalen und insbesondere europäischen Vollgeld-Initiativen eine zentrale Rolle. Außerdem fällt Deutschland aufgrund der gemeinsamen Sprache eine besondere Verantwortung zu, die für 2018 geplante Volksabstimmung in der Schweiz zur Einführung eines Vollgeldsystems zu unterstützen. Je mehr Menschen und Organisationen sich in Deutschland für Vollgeld aussprechen, desto mehr Vertrauen wird auch die Schweizer Bevölkerung haben, beim Referendum mit „Ja“ zu stimmen.
Wenn Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken sich erst einmal ausführlich mit der Vollgeldreform befasst haben, werden sie die offensichtlichen Vorteile einer Reform des Geldsystems hin zum Vollgeld erkennen. Gerade die stark an der Realwirtschaft orientierten kleineren Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken sowie deren Kunden und Mitglieder werden von der Vollgeldreform profitieren. Denn sie leiden unter den in Folge der Finanzkrise noch einmal verstärkten Regulierungsvorgaben besonders. Würden all die bürokratischen Zusatzaufgaben und Auflagen im Zuge der Finanzkrise der letzten Jahre wegfallen, könnten Banken, Sparkassen und Volksbanken sich wieder ihrem eigentlichen Auftrag widmen: Der Förderung der Region und der Förderung ihrer Mitglieder.
Sich dafür einzusetzen lohnt sich.
Machen Sie mit. Informieren Sie vor Ort. Geben Sie gerne Informationsmaterialien zum Vollgeld an Ihre Ansprechpartner bei Ihrer Bank, Sparkasse oder Volksbank weiter.
Und wenn Sie Fragen haben, schreiben Sie uns.
Vielen Dank!