Ja, so funktioniert unser
Geldsystem. Wer am Zahlungsverkehr teilnehmen oder Geld ohne
Kursschwankungsrisiko aufbewahren will muss den Banken einen Kredit geben – ob
er will oder nicht
Formal sind Halter von
Bankguthaben Gläubiger der Banken, obwohl sie eigentlich der Bank kein Geld
leihen wollen. Sie wollen nur ihre Zahlungsmittel sicher und liquide
aufbewahren.
Weil. Spar- und
Girokonteninhaber formal Gläubiger der Banken sind, ist es formal korrekt, dass
bei dem Plan, die Einlagenkunden der zyprischen Banken per Sondersteuer zu
schröpfen, von Gläubigerbeteiligung an der Bankenrettung geredet wurde.
Aber eben nur formal! Denn
jemand, der nur am Zahlungsverkehr teilnehmen will und deshalb ein Bankkonto hat,
steht nicht auf derselben Stufe wie jemand, der Aktien einer Bank hält oder
deren Anleihen gekauft hat.
Mit ihrem Plan, an dem später
niemand mehr schuld sein wollte, haben die „Retter“ Zyperns genau in die
Achillesferse unseres Finanzsystems gestochen. Diese liegt darin, dass es
keinen sicheren Zahlungsverkehr gibt. Ein Bankensystem, das im begründeten
Vertrauen auf die Bestandsgarantie vom Staat zu viel Bankengeld in Umlauf
bringt, gefährdet dadurch immer auch den Zahlungsverkehr und damit die Funktionsfähigkeit
der ganzen Ökonomie.
Denn die Banken können zwar
Buchgeld nach Belieben schaffen. Das Versprechen, dass dieses Buchgeld so gut
ist wie offizielles Zahlungsmittel, also Bargeld und gleichwertig Guthaben bei
der Zentralbank, können sie aber nicht einlösen, wenn zu viele Kunden sie
gleich zeitig beim Wort nehmen. Denn anders als Buchgeld können sie Bargeld
nicht selbst schaffen. Dadurch hängt das System am unbedingten Vertrauen in die
Banken oder zumindest in die Einlagensicherung.
Allein das Ansinnen, jene Zyprer
zu enteignen, die flüssige Mittel auf Bankkonten hielten, um damit jederzeit
ihre Rechnungen bezahlen und Bargeld abheben zu können, wird dieses fragwürdige
System früher oder später schwer treffen. Es wird zunächst dazu führen, dass
bei Problemen künftig noch früher und groß Banken geholfen werden muss, um den
Ansturm der misstrauisch gewordenen Menschen auf die Geldautomaten zu
verhindern.
Langfristig erhöht das
hoffentlich im Sinne eines pathologischen Lernens den Druck, zu einem besseren
System zu kommen, in dem der Zahlungsverkehr unabhängig von der Solidität der
Banken ist.
Dazu braucht es nur die
Regelung, dass Einlagen auf Girokonten im Besitz der Kunden bleiben, so wie
Wertpapierdepots, und eben keinen unfreiwilligen Kredit an die Bank darstellen.
Damit wären sie von einer Bankenpleite nicht betroffen, und der Staat müsste im
Krisenfall nicht mehr jede Bank retten, nur um den Zahlungsverkehr nicht zu
gefährden. Es wäre eine kleine Änderung, mit sehr weitreichenden Konsequenzen.
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Norbert Häring ist
Ökonomie-Korrespondent des Handelsblatts und Autor des Buchs „Stimmt es, dass
…?“